Nur wenige Tage vor dem Einmarsch der Roten Armee in Österreich im März 1945 wurden im burgenländischen Rechnitz unter nicht vollständig geklärten Umständen fast 200 jüdische Zwangsarbeiter aus Ungarn ermordet. Dieses Verbrechen ist in Österreich bis in die 1990er Jahre totgeschwiegen worden, kein Zeuge wollte aussagen. Der Politikwissenschaftler Walter Manoschek hat sich mit jungen Kollegen an die Rekonstruktion des „Falls Rechnitz“ und seines Platzes in der österreichischen „Vergangenheitspolitik“ (Norbert Frei) gemacht.
Einleitend befasst sich der Herausgeber mit der Frage der individuellen Handlungsspielräume für die Täter. Danach rekonstruiert ein Beitrag die grausigen Geschehnisse anhand der Prozessakten zu den „Rechnitzer Volksgerichtsverfahren“. Ein Artikel stellt Rechnitz in den Kontext anderer „Endphasenverbrechen“, zwei weitere berichten von der Suche nach dem Massengrab in Rechnitz und nach Spuren der Opfer. Den Schwerpunkt des Bandes aber bildet das Thema „Erinnerungen an Rechnitz“: Fünf Autoren befassen sich kritisch mit dem öffentlichen Verschweigen der bzw. dem späten Gedenken an die Tat.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger