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Der Weg zurück – Die Repatriierung sowjetischer Zwangsarbeiter und Kriegsgefangener während und nach dem Zweiten Weltkrieg

Goeken-Haidl, Ulrike

Der Weg zurück – Die Repatriierung sowjetischer Zwangsarbeiter und Kriegsgefangener während und nach dem Zweiten Weltkrieg

Als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging, wurden mehr als fünf Millionen sowjetische Un‧‧tertanen in die UdSSR zurückgeführt: ehemalige Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und Soldaten, die sich in den Dienst der deutschen Wehrmacht gestellt hatten. Schon vor dem Abkommen von Jalta im Februar 1945 hatte die sowjetische Regierung darauf bestanden, dass alle ehemaligen Bewohner der Sowjetunion registriert und in ihre Heimat zurückgebracht werden müssten, auch gegen ihren Willen. Nach dem Abkommen verpflichteten sich die westlichen Alliierten tatsächlich, alle sowjetischen Untertanen, die sich in ihrem Herrschaftsbereich aufhielten, an Stalin auszuliefern. Warum bestand die stalinistische Führung dar-auf, mehrere Millionen Menschen auch gegen ihren Willen zur Rückkehr in die Sowjetunion zu zwingen?

Ulrike Goeken-Haidl gibt darauf in ihrem Buch „Der Weg zurück“ eine einleuchtende Antwort: Weil sie befürchtete, Kriegsgefangene, Ostarbeiter und Kollaborateure könnten die Sowjetunion im Ausland diskreditieren. Und warum beteiligten sich die Regierungen Großbritanniens und der USA an dieser Rückführung? Auch in dieser Frage überzeugen die Antworten der Autorin: In den Jahren 1944 und 1945 hätten sich Zehntausende amerikanischer und britischer Soldaten in deutschen Kriegsgefangenenlagern im Osten Europas befunden. Um die Rote Armee dazu zu bewegen, sie an die Alliierten zu überstellen, hätten sie sich dem sowjetischen Druck nicht länger widersetzen können.

In den 1970er Jahren hatte Nikolai Tolstoi den Regierungen der Alliierten in seinem Buch „Die Verratenen von Jalta“ vorgeworfen, die Repatriierung in zynischer Absicht und im Auftrag der Sowjetunion exekutiert zu haben. Davon, sagt Goeken-Haidl, könne jedoch keine Rede sein. Die Regierungen der westlichen Alliierten hätten die Repatriierung nur zaghaft und unter großen Bedenken unterstützt, diese Unterstützung 1946 eingestellt. Denn zu dieser Zeit befanden sich die amerikanischen und britischen Kriegsgefangenen schon nicht mehr im sowjetischen Machtbereich. Es gab also keinen Grund mehr, sich von der so-wjetischen Regierung erpressen zu lassen.

Die amerikanischen Offiziere in den westlichen Besatzungszonen verweigerten ihre Unterstützung aber auch deshalb, weil sie die gewalttätige und menschenverachtende Praxis der sowjetischen Repatriierungsoffiziere nicht länger ertragen konnten. Überall, wo ehemalige Kriegsgefangene oder Soldaten, die die Uniform der Wehrmacht trugen, dem NKWD übergeben werden sollten, kam es zu dramatischen Szenen: Die Betroffenen versuchten zu fliehen oder sich selbst zu töten, um nicht in die Heimat zurückkehren zu müssen. Man könnte auch sagen, dass der Kalte Krieg begann, als die sowjetische Diktatur den westlichen Alliierten ihr wahres Gesicht zeigte.

Goeken-Haidl spricht von mehr als drei Millionen Menschen, 57 Prozent aller Repatriierten, die nach ihrer Rückkehr in die Sowjetunion in Lager und Arbeitskolonien eingewiesen oder anderen Repressionen ausgesetzt wurden. Das stalinistische Regime be-strafte und stigmatisierte Menschen nur deshalb, weil sie sich während des Krieges außerhalb der Sowjetunion aufgehalten hatten, und es war dabei nicht einmal von Belang, ob sie aus freiem Willen nach Deutschland gegangen waren oder ob man sie dazu gezwungen hatte.

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Ein beeindruckendes, bedrückendes Buch, das seine Leser nicht nur über die Wahnvorstellungen der stalinistischen Diktatur, sondern auch über die Anfänge des Kalten Krieges aufklärt.

Rezension: Baberowski, Jörg

Goeken-Haidl, Ulrike
Der Weg zurück – Die Repatriierung sowjetischer Zwangsarbeiter und Kriegsgefangener während und nach dem Zweiten Weltkrieg
Klartext Verlag, Essen 2006, 573 Seiten, Buchpreis € 39,90
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