Der 6380 Kilometer lange Yangzi trägt ein vielfältiges Gesicht. Am Oberlauf ein unbezähmbares, wildes Gewässer, wird er, der dann „Chang Jiang“ (langer Strom) heißt, zur wichtigen Lebensader der Wirtschaft Chinas. Eine reizvolle Flußlandschaft – oft besungen wurden die drei Schluchten am Mittellauf – prägen ihn daher ebenso wie gigantische Fabriken oder die Boomtown Chongqing.
Der Bildband des bewährten Autorenteams Ann Helen und Walter Unger über den Yangzi setzt ganz auf die ausdrucksstarken Fotografien, die nicht nur die Naturschönheiten, sondern vor allem Leben und Arbeiten am großen Fluß dokumentieren. Der Textteil tritt dagegen zurück; lediglich zu Beginn eines jeden der sechs Kapitel findet sich eine auch historische Aspekte berücksichtigende Einführung.
Die Kapitel folgen dem Flußlauf – von den Gletscherquellen über den Mittellauf zwischen der Stahlstadt Panzhihua und der Hafenstadt Yibin bis schließlich nach Shanghai. Wie in einem Prisma bündeln die Aufnahmen höchst widersprüchliche Eindrücke aus einem Land, in dem die rücksichtslose Industrialisierung einen hohen Preis fordert und der unbedingte Fortschrittswille traditionelle Lebensformen auszulöschen beginnt – besonders spektakulär durch den Bau des Kraftwerksstaudamms bei Sandoping, dem Dutzende von Städten und Hunderte von Dörfern und damit eine Vielzahl von wertvollen Kunst- und Kulturzeugnissen zum Opfer fallen werden.
Rezension: Talkenberger, Heike