Venedig sei ein „deutscher Erinnerungsort“, so beginnt Klaus Bergdolt, der fünf Jahre lang Direktor des Deutschen Studienzentrums in der Lagunenstadt war, sein lesenswertes, flüssig geschriebenes Buch. Wie wichtig Venedig für die Deutschen war, mag überraschen, steht doch zumeist Rom im Mittelpunkt, wenn es um deutsche Italien-Begeisterung geht. Doch im relativ nah gelegenen Venedig profi‧tierte der nordalpine Kaufmann von den internationalen Handelsbeziehungen, und auch der Kunstsinnige kam angesichts der reichbestückten öffentlichen und privaten Sammlungen auf seine Kosten.
Und so kamen Maler und Architekten, Komponisten und Gelehrte, Adlige und Soldaten, Träumer und Poeten. Bei all den hymnischen, romantischen oder sentimentalen Reaktionen auf die Reize der Stadt – auch kritische Stimmen ließen sich vernehmen. So mancher witterte hinter all dem Exotisch-Fremden Unmoral und Dekadenz, wie Bergdolt betont, auch Goethe machte hier keine Ausnahme, wenn er bei seinem zweiten Aufenthalt „deutsche Redlichkeit“, „Zucht und Ordnung“ in Venedig vermisst.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger