Noch ein Buch über die Etrusker? Der Autor, ein renommierter Archäologe und profunder Kenner dieser ersten Hochkultur auf dem Boden Italiens, ist auf Vorbehalte potentieller Leser vorbereitet: Neue Funde und verfeinerte wissenschaftliche Methoden haben, wie er einleitend erklärt, den Erkenntnisstand in den letzten Jahren erheblich verändert. Was Camporeale vorgelegt hat, ist eine Gesamtdarstellung der Geschichte und der Zivilisation der Etrusker, die nahezu alle von den Quellen dokumentierten Lebensbereiche erfaßt. Neben dieser systematischen Betrachtung bietet das Buch in einem zweiten Teil einen Überblick über die Städte der Etrusker in deren Kerngebieten sowie in den von ihnen kontrollierten weiteren Regionen Italiens. 355 Abbildungen ergänzen die Ausführungen im Text, und jedes Kapitel wird mit einer ausführlichen Bibliographie abgeschlossen. Einfach ist die Lektüre nicht. Der Autor läßt den Leser an dem schwierigen Prozeß der historischen Rekonstruktion etruskischen Lebens akribisch, mitunter auch etwas umständlich teilhaben. Seine besondere – und lobenswerte – Passion ist die kritische Hinterfragung sowohl der literarischen als auch der archäologischen Zeugnisse. Die Zahl der in dem Buch neu vermittelten Einsichten ist daher etwa genauso hoch wie die der in Frage gestellten bisherigen Gewißheiten. Mehr kann man an wissenschaftlicher Seriosität eigentlich nicht erwarten. So werden die Leser, die sich darauf einlassen, mit Camporeale die Welt der Etrusker zu entdecken, am Ende reich belohnt.
Rezension: Sonnabend, Holger