80 Jahre alt ist Konrad Zuse, der Erfinder der Rechenmaschine, im Roman des Berliner Autors Friedrich Christian Delius, als er in einer Vollmondnacht beim Gespräch mit einem Journalisten loslegt: Er plaudert…
80 Jahre alt ist Konrad Zuse, der Erfinder der Rechenmaschine, im Roman des Berliner Autors Friedrich Christian Delius, als er in einer Vollmondnacht beim Gespräch mit einem Journalisten loslegt: Er plaudert von seiner Kindheit, von seiner fanatischen Idee, einen Rechner zu bauen, von Kriegswirren, von den ersten Versuchen, Maschinen mit Blechen und Stahlstiften logisch denken zu lassen, von der Abhängigkeit, die Computer heute erzeugen. Polternd, mürrisch, schwadronierend und selbstironisch lässt Delius seinen Zuse monologisieren und schafft tatsächlich, was keine Biografie leisten kann: Beim Lesen sitzt einem der Erfinder der Rechenmaschine als launiger älterer Herr gegenüber, erklärt die Grundzüge der Schaltungsalgebra, nörgelt altersweise am heutigen Umgang mit Rechnern herum und gesteht seine platonische Liebe zur 100 Jahre älteren britischen Mathematikerin Ada Lovelace.
Zuse hat Glück gehabt. Denn Delius Anliegen ist es, den großen Mann und seine Idee seriös und glaubhaft darzustellen. Selbst als er Zuse über die Nazizeit plaudern lässt, überhöht der Autor nichts. Genauso wenig beschönigt er Zuses Mitarbeit am Waffenbau. Und die erfundene Liebe lässt Zuse nicht als Alleinkämpfer erscheinen, sondern zeigt auch Vordenker und Wegbe reiter seiner Ideen. Die Fiktion hilft als geschickter Kunstgriff, die kniffligen Ideen von damals den Menschen heute besser zu erklären. So gut gemacht ist Wissenschaftsgeschichte spannend, unterhaltsam und lehrreich zugleich.
Tobias Beck