Der Politikwissenschaftler Anton Pelinka geht davon aus, dass die Erforschung der politischen Kultur der Ersten Republik Auskunft über die Gründe ihres Scheiterns geben kann. Streng voneinander abgegrenzte politische Lager hätten eine Republik gekennzeichnet, die zunächst ungeliebt war und dann ignoriert wurde. „Die Erste Republik blieb bestimmt von einem Schwarz-Weiß-Denken, von einer Unfähigkeit, Politik statt eines ,Alles-oder-Nichts̒ als ein ,Mehr-oder-Weniger̒ zu begreifen“, schreibt Pelinka.
Vielerlei „Fluchten aus der Republik“ verzeichnet er, etwa in die Chimäre einer Weltrevolution. Die Sozialdemokratie, die außerhalb des „Roten Wien“ wenig Erfolge aufzuweisen hatte, wusste letztlich der äußersten Rechten nichts entgegenzusetzen, und diese warf sich begeistert in die Arme der Nationalsozialisten. Fragmentierung aller Orten – einigende Potentiale wie der Sport seien dagegen nicht genutzt worden. Derweil hätten die Kulturschaffenden die Republik weitgehend ignoriert, seien unpolitisch gewesen oder hätten der „guten alten Zeit“ der Habsburgermonarchie nachgetrauert. Diese Beschreibung der Hochkultur erscheint jedoch teilweise als zu holzschnittartig.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger