„Es ist und bleibt unerlässlich, die Erinnerung an den nationalsozialistischen Judenmord, seine Voraussetzungen und seine Folgen, wachzuhalten. Aber das darf nicht dazu führen, dass die jüdische Geschichte in all ihrer Komplexität und in ihrem ganz ungewöhnlichen Reichtum dahinter verschwindet.“
Der Historiker Reinhard Rürup schreibt dies in der Einleitung über „Die Geschichte der Juden in Deutschland“ und verdeutlicht, was den vorliegenden Band auszeichnet. Nicht nur der Holocaust in seiner Grauenhaftigkeit, sondern auch die lange und vielseitige deutsch-jüdische Geschichte findet in dieser Publikation ihren Platz. Von den ersten jüdischen Gemeinden, dem Reformjudentum und der jüdischen Aufklärungsbewegung bis zum deutsch- jüdischen Verhältnis in der Bundesrepublik wird die mehr als 1000-jährige Geschichte der Juden in Deutschland aufgearbeitet. Die zahlreichen Texte fachkundiger Autoren werden durch vielfältiges Bildmaterial – Fotografien, Dokumenten, Malereien und Landkarten – ergänzt. Beispielsweise sieht man einen doppelseitigen Abdruck eines 1798 in Posen ausgestellten, gut leserlichen Schutzbriefs, der nach mittelalterlichem Vorbild angefertigt wurde und einem jüdischen Schnitt- und Lederwarenhändler Schutz durch den preußischen Staat garantierte. Vor allem diese abgebildeten Dokumente geben einen spannenden Einblick in die Lebensbedingungen der Juden und lockern die klassisch historiographischen Abhandlungen auf.
Die Herausgeber Arno Herzig und Cay Rademacher bieten also einen anspruchsvollen, doch auch Laien gut verständlichen Überblick über die Historie der Juden in Deutschland und schaffen einen Zugang zu oft vergessenen Seiten der deutsch- jüdischen Geschichte.
Rezension: Lars Lehmann