In den letzten Jahren widmeten sich etliche Studien zur NS-Zeit auch dem Leid der deutschen Bevölkerung durch Bombenkrieg, Flucht und Vertreibung. Svenja Goltermann stellt in ihrer preisgekrönten Habilitationsschrift „Die Gesellschaft der Überlebenden“ nun die Kriegsheimkehrer in den Mittelpunkt. Sie untersucht zunächst anhand von Psychiatrie-Akten der Jahre 1945 bis 1949 deren Verarbeitung von Gewalterfahrungen während des Krieges und entwirft ein eindringliches Bild von Desorientierung, zerstörten Selbstbildern und Verfolgungsängsten, die die Patienten quälten. Offenkundig wird, dass diese bei äußerer Integration noch lange unter dem Bann des Krieges standen, auch wenn sie diesen kaum mit ihren Problemen in Verbindung brachten. Fraglich ist jedoch, inwieweit die Psychia-trie-Patienten wirklich repräsentativ für „die Heimkehrer“ oder gar für das Gros der deutschen Bevölkerung sein können, wie die Autorin suggeriert.
Goltermann schildert sodann die Entwicklung des psychia-trischen Wissens, wie es sich an den Gutachten zur Anerkennung der Rentenansprüche als Kriegsopfer zeigt, und analysiert dessen Verknüpfung mit dem öffentlichen Diskurs um kriegsbedingtes Leiden. Dieser wandte sich in den 1960er Jahren verstärkt den NS-Verfolgten zu.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger