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Die Herausforderung der Globalisierung – Wirtschaft und Politik in Deutschland 1860–1914

Torp, Cornelius

Die Herausforderung der Globalisierung – Wirtschaft und Politik in Deutschland 1860–1914

Bereits seit einigen Jahren diskutieren Historiker intensiv über die These, daß die Globalisierung seit den 1980er Jahren eigentlich nichts Neues sei. Sie stelle nur die Fortsetzung eines Trends dar, der bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts begonnen habe und durch den Ersten Weltkrieg gewaltsam unterbrochen worden sei.

Cornelius Torp stellt seinem Buch die explizite Annahme voran, daß die Weltwirtschaft vor 1914 eine erste Welle der ökonomischen Globalisierung erlebt habe. Mit empirischen Daten zeigt er, in welch starkem Maß die deutsche Wirtschaft vor 1914 in die globale Ökonomie verflochten war und wie sie davon profitierte. Torps zweiter Schwerpunkt der Argumentation liegt auf den innen- und wirtschaftspolitischen Reaktionen im Deutschen Reich auf die globalen Trends, beispielhaft untersucht an den scharfen Debatten um die Zolltarif-Reform von 1902. Ein abschließender Vergleich der deutschen Handelspolitik gegenüber Rußland und den USA rundet die Studie ab.

Zweifellos gehörte das Deutsche Reich langfristig zu den eindeutigen Gewinnern der weltwirtschaftlichen Integration vor 1914, auch weil ein erheblicher Anstieg der Realeinkommen zu verzeichnen war. Kurz- und mittelfristig aber übte die Globalisierung sehr unterschiedliche Effekte auf die jeweiligen sozialen Gruppen aus: Wichtigster Verlierer war die Landwirtschaft. Die Konfliktlinien verliefen oft quer durch die politischen Lager der Gesellschaft, wie sich am Beispiel der Ministerial-bürokratie zeigen läßt. Wie auch in anderen Ländern vertrat die Exekutive, obwohl sie in Deutschland sozial stark agrarisch geprägt war, häufig weniger protektionistische Positionen als die Legislative, die dem starken Druck mächtiger Lobbygruppen ausgesetzt war.

Torp vertritt entschieden und teilweise gegen die bisherige Forschung die gut begründete Auffassung, daß nach Reichskanzler Caprivis Sturz kein Bruch eintrat, sondern in der Handelsvertragspolitik eine durchgängige Kontinuität bis zum Ersten Weltkrieg bestand. Die fortwährenden Zollerhöhungen hätten lediglich den Anstieg der Weltmarktpreise kompensiert, und das Zollniveau des Deutschen Reichs habe vor dem Ersten Weltkrieg im internationalen Vergleich allenfalls im unteren Mittelfeld rangiert. Deshalb sei es nicht korrekt, für die Zeit nach der Jahrhundertwende von einem Übergang zum Hochprotektionismus zu sprechen. Die vorsichtige und abgewogene Argumentation, mit der diese These entwickelt wird, hat den Rezensenten weitgehend überzeugt.

Zwar ist in Torps Darstellung der innenpolitischen deutschen Debatten nicht alles neu, doch es gelingt ihm eine gute Synthese. Allerdings läßt sich kritisch feststellen, daß die Globalisierungsthese doch auch überstrapaziert wird: Torp untersucht nur den Bereich des Handels. Viel wichtiger waren vor 1914 die Finanzmärkte, für die eine ähnlich angelegte und vergleichende Arbeit noch aussteht.

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Rezension: Barth, Boris

Torp, Cornelius
Die Herausforderung der Globalisierung – Wirtschaft und Politik in Deutschland 1860–1914
Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005, 430 Seiten, Buchpreis € 48,90
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