Dass André Leu, viele Jahre Vorsitzender der Ökolandbauvereinigung IFOAM, keine Liebeserklärung an die Agrarindustrie schreiben würde, klar. Trotzdem hat sie etwas Überraschendes, die Auswahl an vermeintlichen Selbstverständlichkeiten über unsere Landwirtschaft, und wie Leu eine nach der anderen niedermäht. Sie vertrauen darauf, dass unsere Agraraufsichtsbehörden ihre Entscheidungen stets wissenschaftlich fundiert treffen? Leu führt mehrere Beispiele an (darunter Glyphosat), in denen zweifelhafte Studien, großzügig gedüngt mit Industriegeld und in keinem wissenschaftlichen Magazin publiziert, gegenüber objektiv überprüfbaren Untersuchungen den Vorzug erhalten. Glauben Sie, die Pestizidcocktails auf unseren Äckern wurden zuvor auf ihre Sicherheit getestet? Stimmt leider nicht. Nur einzelne Bestandteile davon, und nicht immer die heikelsten. Es erinnert an den Dieselskandal, wie Grenzwerte allein im Testlabor eingehalten werden. Wie es in der wirklichen Welt aussieht? Das scheint nicht wirklich wichtig. Dabei klingt es wie eine Selbstverständlichkeit, was Leu in dem Buch fordert – eigentlich: „Aufsichtsbehörden müssen dringend die tatsächlich verwendeten Produkte testen, weil sie es sind, die gesundheitliche Schäden auslösen, und nicht die reinen Chemikalien in Laborqualität, die in der Landwirtschaft gar nicht zum Einsatz kommen.“
André Leu
Die Pestizidlüge
Wie die Industrie die Gesundheit unserer Kinder aufs Spiel setzt
Oekom. 240 Seiten, 20 €