Der 13. August 1961, der Tag, an dem die SED-Führung die Grenze zu West-Berlin abriegeln ließ, zählt zu jenen ein‧schneidenden historischen Ereignissen, deren Bilder sich bei vielen Zeitgenossen für immer ins Gedächtnis eingebrannt haben.
Fernab vom Geschehen, in Großbritannien, verfolgte ein damals 13-jähriger Bub die flackernden Schwarz-Weiß-Bilder im Fernsehen. Vor das Gerät war er zur Ablenkung gesetzt worden, als ein Arzt letztlich vergeblich versuchte, das Leben seines Vaters zu retten, der einen schweren Herzinfarkt erlitten hatte. „Für mich wird die Berliner Mauer stets nicht nur mit dem Zustand der Welt von damals und heute verbunden sein, sondern auch mit einem starken Gefühl von Abschied und Trennung“, schreibt der heute 62-jährige Historiker Frederick Taylor im Vorwort zu seiner umfangreichen Geschichte jenes Bauwerkes, das Berlin 10 316 Tage lang trennte.
Mit Empathie, historischem Sachverstand und exzellenter Formulierungskunst lädt Taylor eingangs zu einem Parforceritt durch die Geschichte Berlins ein, um schließlich den Aufbau der kommunistischen Diktatur in Ostdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg zu schildern. Anschaulich wird, wie eine Diktatur, die die Menschen massenhaft zur Flucht nach Westdeutschland trieb, nur noch mit dem Mauerbau ihre Herrschaft sichern konnte. Er zeigt jedoch auch, dass die Westmächte jenseits öffentlicher Rhetorik die Abriegelung West-Berlins als innere Angelegenheit des sowjetischen Blocks und letztlich als Beitrag zur Stabilität Europas betrachteten.
Taylors Buch besticht nicht durch grundsätzlich neue Erkenntnisse. Es sind die vielen kleinen und großen Geschichten, die Porträts von Bekannten und Unbekannten, die die fast 30-jährige Geschichte der Mauer in all ihren Facetten lebendig werden lassen. Es sind tragische und fröhliche Geschichten von gescheiterten und erfolgreichen Fluchten, die Porträts der politischen Akteure, die sozialgeschichtlichen Betrachtungen vom Leben in und mit der geteilten Stadt, die das Buch für einen breiten Leserkreis empfehlenswert machen.
Rezension: Dr. Ulrich Mählert