Ernst und würdevoll schauen uns Potentaten, Fürstinnen und Patrizier früherer Zeiten an. Ein Lächeln auf einem Gemälde darzustellen, gar ein „weißes Lächeln“, bei dem die Zähne zu sehen waren, galt lange nicht als vornehm und blieb Kindern, Bauern und Komödianten vorbehalten. So war auch im höfischen Benimmkodex das Lächeln nicht vorgesehen. Dies änderte sich im Frankreich des 18. Jahrhunderts, wie der Medizinhistoriker Colin Jones darlegt.
Das Lächeln, nun vermehrt im Bild dargestellt, änderte seine kulturelle Bedeutung: Im neuen Code der Empfindsamkeit galt Lachen (ebenso wie Weinen) als Ausdruck menschlicher Identität und Wahrhaftigkeit. Dieser Wandel wurde jedoch erst möglich durch die Fortschritte der Zahnheilkunde, hatten doch die Menschen wegen des hohen Zuckerkonsums extrem schadhafte Zähne. Jones führt seine Leser in Pariser Praxen und zeigt die Zahnärzte als Agenten des modernen Lächelns, was in der Erfindung des Gebisses gipfelte. Doch lange hatte das Lächeln nicht Konjunktur: Im Terrorregime der Jakobiner erstarrte der geöffnete Mund zur Grimasse. Erst im 20. Jahrhundert konnte das offene Lachen seinen Siegeszug antreten.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger