Seit kurzem wendet sich die Forschung zum Holocaust den Fotografien zu, die das Grauen zeigen, sowie dem Medium Film und seiner Darstellung der NS-Verbrechen. Der Frage, wie diese Bilder das Geschichtsbewußtsein prägen, geht der von Sven Kramer publizierte Sammelband „Die Shoah im Bild“ in vielfältiger und lesenswerter Weise nach. Besonders hervorzuheben ist etwa der Beitrag von Cornelia Brink, der sich mit dem Scheitern der „visuellen Entnazifizierung“ befaßt und die Funktion der von den Alliierten aufgenommenen Schreckensbilder nach der Befreiung der KZ untersucht. Ihnen war eine wichtige Rolle im Rahmen der alliierten Propagandapolitik zugedacht, doch statt daß sie Betroffenheit erzeugten, schufen sie häufig nur eine Abwehrhaltung bei der deutschen Bevölkerung. Die unbegreifliche Monstrosität der gezeigten Verbrechen ließ die Lager als nicht zur Gesellschaft gehörige Orte erscheinen, von denen man sich distanzieren konnte. Weitere Beiträge befassen sich in anregender Weise mit Kino- und Fernsehproduktionen zum Holocaust, etwa mit dem Dokumentarfilm der 60er Jahre oder mit den Filmen, die die Shoah als Filmkomödie darzustellen suchen. Die positive Gesamtbilanz wird allerdings empfindlich durch die Tatsache gestört, daß die besprochenen Bilder nur in Briefmarkengröße abgebildet wurden.
Rezension: Talkenberger, Heike