Bis heute verkörpert die „Spanischen Inquisition” wie keine zweite Institution Fanatismus und Grausamkeit des katholischen Alleinvertretungsanspruches im vormodernen Europa. Gegründet 1478 zur Verfolgung angeblicher „ketzerischer” Umtriebe zwangsbekehrter Juden, führte sie bald einen Mehrfrontenkrieg gegen Neuchristen nicht nur jüdischer, sondern auch muslimischer und „heidnischer” Abstammung, gegen Mystiker und Lutheraner, aber auch gegen „abergläubische” und magische Praktiken in der altchristlichen Volkskultur. Intensive historische Forschungen der letzten Jahrzehnte haben – ohne die religiöse Repression zu rechtfertigen! – den Mythos der Spanischen Inquisition angekratzt: In vielerlei Hinsicht entsprach sie den Standards geistlicher und weltlicher Gerichtsbarkeit im frühneuzeitlichen Europa, in manchen Aspekten, etwa was die Frage der Hexenverfolgung anging, erscheint sie uns sogar eher „fortschrittlich”. Eine seriöse Übersicht in deutscher Sprache gab es bislang nicht. Das Buch von John Edwards füllt diese Lücke leider nur unzureichend. Sachlich konzentriert es sich allzu sehr auf das Verhältnis zwischen Christen und Juden, zeitlich auf die Vorgeschichte und die erste Phase der Inquisition um 1500 sowie auf die Zeit der Abschaffung um 1800. Die Jahrhunderte dazwischen kommen entschieden zu kurz, Informationen zu Verfahren und Struktur der Tribunale bleiben fragmentarisch. Zusätzlich verringern eine unübersichtliche Gliederung und eine unpräzise Sprache den Wert des Buches ebenso wie sachliche Ungenauigkeiten und die – im Vergleich zum englischen Original – fragwürdige Bildauswahl. Die Geschichte des Inquisitionsmythos selbst wird nur am Rande behandelt. Fazit: nicht wirklich empfehlenswert, aber ohne Alternative auf dem deutschen Buchmarkt.
Rezension: Schwerhoff, Gerd