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Die tausend Freuden der Metropole – Vergnügungskultur um 1900

Becker, Tobias / Littmann, Anna / Niedbalski, Johanna (Hrsg.)

Die tausend Freuden der Metropole – Vergnügungskultur um 1900

Im 19. Jahrhundert expandierte das Vergnügen. Die unzähligen Menschen, die zur Arbeitssuche in die Großstädte strebten, wollten ihre Freizeit gestaltet haben. Zu altbewährten Orten der Erquickung wie Kneipen und Wirtshäusern, Sommergärten und Theatern traten um die Jahrhundertwende deshalb eine Vielzahl von neuen Angeboten: Kinosäle und Tanzpaläste, Konzerthallen und der Zirkus, Bars und Cabarets prägten bald überall die urbanen Zentren und trugen erheblich zur Verwandlung der Großstadt in eine „Metropole“ bei.

Vor allem Berlin verkörperte um 1900 all das, was in den Augen der Zeitgenossen eine solche Metropole ausmachte: Fortschritt und Schnelligkeit, Modernität und Sittenlosigkeit. Es war Verkehrsknotenpunkt und Dienstleistungszentrum, Regierungssitz und Zentrum der Hochkultur. Der Sammelband „Die tausend Freuden der Metropole“ konzentriert sich deshalb auf das Berlin der Jahrhundertwende, untersucht Wechselwirkungen und Verknüpfungen von Vergnügungskultur und Metropole und führt den Begriff der Metropolenkultur in die geschichtswissenschaftliche Debatte ein. Herausgegeben wurde der Band von Mitarbeitern des Projektes „Metropole und Vergnügungskultur“ des Friedrich-Meinecke-Instituts der Freien Universität Berlin.

In zwei Teilen gehen die Autoren auf die Verflechtungen von Politik, Gesellschaft und Vergnügen in der Metropole ein. Tim Opitz vom Center for Metropolitan Studies der Technischen Universität Berlin beispielsweise vertritt in seinem Aufsatz die Auffassung, dass Metropolen Städte sind, in denen sich verschiedenste Entwicklungen, wie Urbanisierung und Globalisierung, an einem Ort verknüpfen und stellt dies am Beispiel des Königsplatzes dar. Hanno Hanno Hochmuth und Johanna Niedbalski von der Freien Universität Berlin beschäftigen sich mit dem „Kiezvergnügen“ im Berliner Osten. Dabei entdeckten sie die interessanten Aufzeichnungen von Studenten, die 1926 jede Kneipe in der Fruchtstraße im Bezirk Friedrichshain besuchten und ihre Eindrücke schriftlich festhielten. In den Aufzeichnungen findet man beispielsweise die Information, dass es in der Straße sage und schreibe 32 Lokale gab. In fast jeder wurde eine andere Biermarke ausgeschenkt. Ein Glas „Selters“ kostete 20 Cent, die insgesamt 294 Gäste verteilten sich recht gleichmäßig auf die verschiedenen Lokale und 17 der Gäste waren betrunken.

Ein weiterer Teil des Buches nimmt das Vergnügen jenseits der Metropole in den Blick. Karl Borromäus Murr von der Ludwig-Maximilians-Universität München beschreibt in seinem Artikel „Die Flucht des Theaters vor der Metropole“ etwa die Verschränkungen von urbanem und ländlichem Theater und untersucht ländliche Theaterprojekte als bewusste theatralische Gegenentwürfe zur städtischen Theaterkultur jener Zeit.

Ein letzter Teil des Buches behandelt die Verflechtungen und Mischformen der Vergnügungskultur. Beleuchtet wird hier beispielsweise der transnationale Austausch zwischen Paris und Berlin am Beispiel der Mode.

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Gemeinsam haben alle Beiträge des Bandes, dass sie beleuchten, inwiefern die Stadt die Vergnügungskultur formte und wie umgekehrt die Vergnügungskultur zum Anpassungsprozess an das Leben in der Stadt beitrug. Es ist ein gehaltvoller Band, den die Wissenschaftler der Freien Universität vorgelegt haben, bei dem die stark theoretisch geprägte Sprache jedoch in einem gewissen Spannungsverhältnis zum Thema des Buches steht.

Rezension: Jette Nagel

Becker, Tobias / Littmann, Anna / Niedbalski, Johanna (Hrsg.)
Die tausend Freuden der Metropole – Vergnügungskultur um 1900
Transcript Verlag, Bielefeld 2011, 337 Seiten, Buchpreis € 32,80
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