Im Gefolge des linguistic turn, der uns die Abhängigkeit der Wirklichkeit von der Sprache lehrte, und der durch ihn ausgelösten Diskurslawine sind Wirtschaftsthemen weitgehend aus historischen Vorlesungen und den Neuerscheinungen der Verlage zur Geschichte verdrängt worden. Entsprechend ist die Wirtschaftsgeschichte der antiken Welt immer mehr auch zum Stiefkind der Altertumswissenschaft geworden.
Wie sehr zu Unrecht, zeigt jetzt der prachtvoll illustrierte Band des in Wirtschaftsdingen bestens ausgewiesenen Bremer Emeritus Hans Kloft, der mit einem Großaufgebot an Textzeugnissen und materiellen Hinterlassenschaften der Antike eindringlich ins Gedächtnis zurückruft, wie unvollständig jede Kulturgeschichte ohne Blick für die ökonomischen Rahmendaten ist.
Elegant vermeidet es Kloft, sich im Dickicht der verschiedenen Schulen und ihrer Theoreme, von Marx bis Douglas North, zu verrennen. Fast schon angelsächsisch-pragmatisch bündelt er seine Darstellung in den Quellen wie in einem Prisma, ohne doch dabei die Totalität seines Themas aus den Augen zu verlieren. Von den Rahmenbedingungen einer prämodernen imperialen Gesellschaft arbeitet er sich – über die Wirtschaftssektoren Landwirtschaft, Gewerbe, (Fern-)Handel – bis zum elementaren Problem vor, was das Imperium der hohen Kaiserzeit ökonomisch zusammenhielt.
Er leuchtet die kaiserliche Freigebigkeit (liberalitas principis) von allen Seiten aus und bescheinigt dem Imperium einen geldwirtschaftlichen Standard, den Europa erst wieder in der frühen Neuzeit erreichte. Alles in allem relativiert sich so das Bild von einer „bloß“ vormodernen Gesellschaft; Max Webers und Moses Finleys Verdikt von der strukturellen Rückständigkeit der mediterranen Küstenkultur hat vor den von Kloft angeführten Quellen in seiner Absolutheit keinen Bestand.
Souverän, wie Klofts Analyse und ihre Herleitung aus den Quellen, gerade auch den Bildzeugnissen, ist, mag man dem Werk seine vielen Druckfehler wohl verzeihen.
Rezension: Sommer, Michael