Längst sind sie zur Inkarnation der Gefährdungen durch die Apparatemedizin, zur Zielscheibe medizinkritischer Ansätze geworden: die Röntgenstrahlen. Im Januar 1896 machten sie als rätselhafte „X-Strahlen“, die auf einer lichtempfindlichen Fotoplatte das Innere des menschlichen Körpers sichtbar machen konnten, zum erstenmal Furore. Eine wahre Euphorie über die neue Diagnosemöglichkeit brach aus, die trotz sich mehrender kritischer Stimmen seit den 1920er Jahren noch bis weit in die Nachkriegszeit anhielt – man denke nur an die Röntgenreihenuntersuchungen für Schulkinder.
Monika Dommann hat in einer dichten Studie mit dem Titel „Durchsicht, Einsicht, Vorsicht“ die Geschichte der Röntgenstrahlen und ihres Gebrauchs von 1896 bis 1963 geschrieben. Sie zeichnet den Weg der Strahlen von ihrer Entdeckung im Labor bis zu ihrem Einsatz in Arztpraxen, Krankenhäusern und sogar Schuhläden nach, analysiert den Umgang der Versicherungen mit den Opfern der neuen Methode und macht deutlich, wie es den Ärzten gelingen konnte, trotz des Nachweises der Gefährlichkeit der Strahlen ihre professionelle Anwendung für unabdingbar zu erklären.
Rezension: Talkenberger, Heike