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Ein ganz normales Leben – Alltag und Gesellschaft in der DDR

Fulbrook, Mary

Ein ganz normales Leben – Alltag und Gesellschaft in der DDR

Die DDR, so schreibt Mary Fulbrook, Professorin am University College in London, zu Recht, sei eine andere Art von Diktatur gewesen als das Hitler-Regime. Dieses habe auf einer Kombination von Zwang und Zustimmung, von Charisma und Terror beruht. Im deutschen Arbeiter-und-Bauern-Staat sei die Gemengelage anders zu gewichten.

In die rote Diktatur seien vergleichsweise mehr Menschen nachhaltiger involviert gewesen als in die braune, so die Hauptthese dieser umfanreichen Bestandsaufnahme. Eine der Grundideen ihres ursprünglich für ein englischsprachiges Publikum verfassten und nun ins Deutsche übertragenen Buchs stellt „die paradoxe Lage des Volkes“ heraus. Keinesfalls lasse sich zwischen einem brutalen und repressiven Staat auf der einen Seite und einer unterdrückten und passiven Gesellschaft andererseits unterscheiden. Die Erfahrungen der Bürger seien nicht in einfache bipolare Muster zu pressen, sondern müssten in ihrer Zwiespältigkeit und Komplexität von der Historiographie, von Publizisten und Politikern verstanden und ausgehalten werden.

Das System in der DDR habe keineswegs nur auf Zwang basiert, sondern auch auf Zustimmung – zu unterschiedlichen Zeiten von verschiedenen Gruppen in unterschiedlichem Ausmaß. In diesem Zusammenhang spricht die Autorin von einer „partizipatorischen Diktatur“. Zwar habe es keine Öffentlichkeiten im westlichen Sinn gegeben, wohl aber Räume und Plattformen, um sich zu äußern und sich einzubringen. So sei eine Vielzahl von Bürgern als Funktionäre für die Partei und für das Land tätig geworden. In von oben initiierten „Diskussionen“ sei vor allem in den 60er Jahren die Meinung der Bevölkerung erhoben worden. Und schließ-lich sei über das bereits in der Verfassung von 1949 festge-schriebene Institut der „Eingabe“ ein nicht unwichtiger Kanal für Kritik gegeben gewesen.

Der Ansatz von Mary Fulbrook, eine Alltagsgeschichte jenseits wohlfeiler Vereinfachungen zu schreiben, ist zu begrüßen. Manche Interpretationen in dem Band schießen freilich über das gutgemeinte Ziel hinaus. Überdies hätte sich durchaus eine Aktualisierung der verwendeten Literatur angeboten.

Rezension: Gries, Rainer

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Fulbrook, Mary
Ein ganz normales Leben – Alltag und Gesellschaft in der DDR
Primus Verlag, Darmstadt 2008, 364 Seiten, Buchpreis € 29,90
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