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Ein schlesisches Fräulein wird Weltbürgerin – Die Malerin und Schriftstellerin Charlotte E. Pauly in Selbstzeugnissen

Kühnel, Anita (Hrsg.)

Ein schlesisches Fräulein wird Weltbürgerin – Die Malerin und Schriftstellerin Charlotte E. Pauly in Selbstzeugnissen

Die schlesisch-deutsche Künstlerin Charlotte Elfriede Pauly (1886-1981), die in der DDR seit den 1960er Jahre für ihre Druckgrafiken bekannt war und eine nicht unbedeutende Rolle in der dortigen Kunstszene spielte, hinterließ neben ihrem bildkünstlerischen Werk zahlreiche Tagebücher, Aufzeichnungen und Briefe, die von ihrem stets bewegten Leben zeugen. Obwohl Pauly zeitlebens immer auch schriftstellerisch tätig war, Romane geschrieben und in Zeitungen veröffentlicht hat, blieb ihr literarisches Oeuvre bisher weitgehend unberücksichtigt. Der von der Kunsthistorikerin Anita Kühnel herausgegebene Band „Ein schlesisches Fräulein wird Weltbürgerin. Die Malerin und Schriftstellerin Charlotte E. Pauly in Selbstzeugnissen“ nimmt sich dieses Defizits an.

Gegliedert in fünf Kapitel, bereitet Kühnel diverse Selbstzeugnisse Paulys aus den Jahren 1912-1973 auf. Sie sind vollständig oder in Auszügen in chronologischer Reihenfolge abgedruckt. Unklar bleibt, nach welchen Kriterien die Herausgeberin ihre Auswahl getroffen hat. Der Leser muss sich also ganz auf die Expertise Kühnels als Pauly-Kennerin verlassen. Den Kapiteln vorangestellt ist eine äußerst knappe, zum Teil phrasenhafte Einleitung, in der die Herausgeberin wenig distanziert das Interesse an einer Beschäftigung mit der Person Paulys bzw. ihres literarischen Nachlasses zu wecken sucht. Tatsächlich hebt sich die Biographie der Künstlerin in mancherlei Hinsicht von den Lebensgeschichten vieler Zeitgenossinnen ab.

Pauly, die seit 1909 Archäologie, Philosophie und Kunstgeschichte in Heidelberg, Berlin, Freiburg und Würzburg studiert hatte, entschloss sich 28-jährig, Malerin zu werden. Gleichzeitig promovierte sie zum Thema „Der venezianische Lustgarten – seine Entwicklung und seine Beziehungen zur venezianischen Malerei“. Zwischen 1925 und 1932 unternahm sie, nicht selten ohne Begleitung, Reisen nach Italien, Spanien, Portugal und Griechenland, in die Türkei und den Nahen Osten, bis nach Persien und Russland. Ihre Reisebeschreibungen hielt sie in mehreren Tagebüchern fest. Die Eindrücke, Erlebnisse und Erfahrungen aus dieser Zeit nehmen im vorliegenden Band den größten Raum ein. Sehr persönliche Geschichten, beispielsweise von der ersten großen Liebe zu einem portugiesischen Fischer, stehen neben Einschätzungen zentraler politischer Entwicklungen wie dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges, bildgewaltigen Naturbeschreibungen und intellektuellen Reflexionen. Vor allem der zunehmenden Rationalisierung und Technisierung der Welt und des sich dadurch verändernden Verhältnisses zwischen Mensch und Natur stand Pauly skeptisch gegenüber.

Ein Fußnotenapparat, der durchaus noch umfangreicher hätte sein dürfen, erleichtert die Lektüre der Selbstzeugnisse. Kurze Kapiteleinführungen und Überleitungen der Herausgeberin fassen wichtige Wegmarken im Leben Paulys nochmals knapp zusammen. Achtzig Abbildungen ermöglichen darüber hinaus einen ersten Einblick in ihr bildkünstlerisches Werk und offenbaren die wechselseitige Beziehung zwischen diesem und dem schriftstellerischen Wirken der Künstlerin. Von Bedeutung ist die Lektüre des Bandes daher zunächst einmal für ein differenzierteres Werkverständnis. Der Rolle, die Charlotte E. Pauly in der DDR-Kunstszene spielte, und ihres ungewöhnlichen Lebenswegs wegen, ist ihrem literarischen Nachlass überdies eine breitere Kenntnisnahme durch die deutsche Öffentlichkeit zu wünschen.

Rezension: Verena Mink

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Kühnel, Anita (Hrsg.)
Ein schlesisches Fräulein wird Weltbürgerin – Die Malerin und Schriftstellerin Charlotte E. Pauly in Selbstzeugnissen
Verlag für Berlin-Brandenburg, Berlin 2012, 280 Seiten, Buchpreis € 22,95
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