So stärkte das mittelalterliche Klimaoptimum die Kulturen in Zentralund Nordeuropa. Die Wikinger konnten sogar Grönland besiedeln. Dann folgte die kleine Eiszeit: Das politische Machtzentrum verschob sich nach Südwesten auf die Iberische Halbinsel, wo die Sonne noch kräftig wärmte. In Nord- und Zentraleuropa brachte die Kälte dagegen Missernten und Hungersnöte. Die geschundene Bevölkerung, die sich nicht mehr zu helfen wusste, leistete sogar Ablasszahlungen an die Kirche, in der Hoffnung, das Wetter wieder ins Lot zu bringen.
Reichholf deckt in seinem Buch immer wieder überraschende Zusammenhänge auf und bürstet kräftig gegen den Strich. Dabei entlarvt er manches Vorurteil. So belegt er, dass die Landwirtschaft die Umwelt weit stärker verändert und verarmt hat als die Industrie. Außerdem weist er nach, dass der Mensch derzeit kaum noch Tierarten ausrottet abgesehen von den Opfern, die der Kahlschlag der Regenwälder fordert. Und dass die steigenden Temperaturen für die Natur ohne große Bedeutung sind, da sich die meisten Tier- und Pflanzenarten von ein paar Grad mehr nicht unterkriegen lassen.
„Unserem Planeten geht es in vieler Hinsicht schon viel besser als im 19. Jahrhundert oder früher“, schreibt Reichholf. Sicher wird sein Buch Widerspruch ernten. Doch seine ebenso spannenden wie provokanten Thesen sind keineswegs aus der Luft gegriffen. Schade nur, dass er an seiner Sprache nicht so viel gefeilt hat wie an seinen Gedanken.
Klaus Jacob