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Eine neue Geschichte der Kreuzzüge

Phillips, Jonathan

Eine neue Geschichte der Kreuzzüge

Es gibt schon reichlich Literatur zu den Kreuzzügen. Doch Jonathan Phillips, Professor für die Geschichte der Kreuzzüge am Royal Holloway College der Universität London, will dem Thema neue Einsichten abgewinnen, indem er den Bogen bis ins Heute schlägt und auch die Sichtweise der islamischen Welt aufzuzeigen versucht. Sein Buch erschien 2009 in England und liegt jetzt auf Deutsch vor. Der Autor zahlreicher Bücher und Aufsätze zur Geschichte der Kreuzzüge und Mitherausgeber der Fachzeitschrift „Crusades“ behandelt in diesem gut lesbaren, für das breite Lesepublikum gedachte Werk in den ersten zehn Kapiteln wie üblich die Zeit von 1096, als der erste Kreuzzug begann, bis 1291, als die Festung von Akkon fiel und die Kreuzfahrer sich aus dem Heiligen Land zurückziehen mussten.

Dabei geht er selbstverständlich auch auf die religiösen und weltlichen Gründe der christlichen Kreuzfahrer sowie auf die Entstehung des Kreuzzug- und Heiligen Krieg-Gedankens im Westen ein (im Islam kommt der Dschihad bereits im Koran selbst vor). Bei der Beschreibung der Kreuzzüge bezieht Philipps aber auch die innerislamischen Ereignisse, die Politik und die Motive einzelner Personen der islamischen Welt mit ein. Diese unterschieden sich naturgemäß nicht so sehr von denen der Kreuzfahrer: Neben religiösen Aspekten waren oft auch persönliche Ruhmsucht, Habgier oder Machtstreben Antrieb für die Menschen. Dadurch wird sehr schön deutlich, dass auch die islamische Welt nicht einheitlich war und die dortigen Akteure ebenfalls nach ihrer jeweiligen Interessenslage handelten. Der Autor betont, dass es auch Kreuzzüge gegen Christen und Dschihad gegen Muslime (Sunniten gegen Schiiten) gab und Christen und Muslime auch durchaus friedlich zusammenleben konnten. Die Geschichte der Kreuzzüge lässt sich also nicht ganz so einfach als Kampf der Christen gegen die Muslime darstellen.

Im vorletzten Kapitel werden dann der Templerprozess, durch den der französische König Philipp IV. von 1307 an den Ritterorden der Templer vernichtete, sowie die späteren Kreuzzüge, die sich vor allem gegen die „Heiden“ in Osteuropa richteten, thematisiert. Phillips verfolgt die Kreuzzugsidee bis hin zu Kolumbus, der die Gewinne seiner Entdeckungen für die Rückeroberung Jerusalems verwendet sehen wollte.

Im letzten Kapiteln analysiert der Autor, eher ungewohnt für eine Geschichte der Kreuzzüge, die Entwicklung der Kreuzzugsmotive, -bilder und -metaphern in der Literatur und Politik bis heute; er sieht etwa den Kolonialismus als Nachfolger der Kreuzzugsidee. Nicht zuletzt US-Präsident George W. Bushs unglückliche Verwendung des Begriffs „Kreuzzug“ nach dem 11. September 2001 führte laut Philipps dazu, dass dieser Begriff heute in der islamischen Welt vor allem mit der imperialistischen Aggression des Westens verbunden wird.

Phillips zielt mit seinem Werk auf das breite Lesepublikum, es ist kein akademisches Lehrbuch. Es vermittelt einen umfangreichen Überblick, erläutert die größeren Zusammenhänge und ist gut lesbar geschrieben.

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Rezension: Timo Widmaier

Phillips, Jonathan
Eine neue Geschichte der Kreuzzüge
Deutsche Verlags-Anstalt, München 2011, 640 Seiten, Buchpreis € 29,99
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