Der Frage nach der Kindererziehung im 13. Jahrhundert geht Carola Föller nach. Über die damalige Erziehungspraxis wissen wir so gut wie nichts, doch Erziehungstraktate, wie sie sich etwa am Hof des französischen Königs Ludwig IX. des Heiligen erhalten haben, können zumindest über Vorstellungen Auskunft geben. Dies Texte hat Föller intensiv unter die Lupe genommen.
Ludwig IX. war von tiefer persönlicher Frömmigkeit geprägt, seine Herrschaft vom gezielten Ausbau zentralistischer Macht gegenüber anderen Akteuren. Auch die Erziehungsschriften für den Thronfolger Ludwig und für Philipp III. („den Kühnen“) spiegeln diese Momente wider. Föller untersucht das intellektuelle Umfeld des Königs unter dem Stern der Scholastik und analysiert die zentralen vier Traktate: den des Dominikaners Vinzenz von Beauvais, den des Juristen Pierre de Fontaines sowie die beiden vom König selbst verfassten „Enseignements“ (Lehren). Als Ergebnis steht ein auf Frömmigkeit und Würde, aber auch auf Eigenständigkeit, Vernunft und Bildung gegründetes Erziehungskonzept, das die Knaben optimal auf die neu interpretierte Herrschaft als Monarch vorbereiten sollte.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Carola Föller
Königskinder
Erziehung am Hof Ludwigs IX. des Heiligen von Frankreich
Böhlau Verlag, Göttingen 2018, 252 Seiten, € 50,–