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Franco – General – Diktator – Mythos

Collado Seidel, Carlos

Franco – General – Diktator – Mythos

Mit dem Tod Francisco Francos ging 1975 die letzte rechte Diktatur in Europa zu Ende. Obwohl seine Herrschaft mit einem grausamen Bürgerkrieg, mit Terror und Repression verbunden war, werden in Spanien noch immer Hagiographien über Franco gedruckt. Der Historiker Carlos Collado Seidel, einer der besten Spanien-Kenner im deutschsprachigen Raum, beginnt seine Biographie mit beschönigenden Beschreibungen des „katholischen, intelligenten und gemäßigten Herrschers“, um dieses Bild im Verlauf seines Werkes dann systematisch zu zerstören. Das Einstiegskapitel macht jedoch klar: Am Erbe des Franquismus arbeitet sich die spanische Gesellschaft noch immer ab. In den Interpretationen der Politik und Persönlichkeit des Generalísimo, des obersten „Caudillo“ („Führer“) der Nation, manifestieren sich die Geschichtsbilder beider Lager, die Spanien über Jahrzehnte hinweg zerrissen hatten. Die Biographie ist auf klassische Weise erzählt. Sie beschreibt den Aufstieg des ehrgeizigen Militärs, für den der verlorene Krieg Spaniens gegen die USA von 1898 ein nationales und persönliches Trauma war. Sie schildert Francos kalte Brutalität im Wüstenkrieg gegen die Berber. Die Charakterzüge und Taktiken, die Collado Seidel mittels einer Überfülle von Zitaten beschreibt, ziehen sich als roter Faden durch das Buch. Ob im Bürgerkrieg, der Francos Karriere ebnete, ob im Umgang mit seinen „Familien“ (den Streitkräften, den Monarchisten, der Falange, der Kirche) und seinen Feinden: Franco befehligte die Politik wie ein General seine Truppen. Autorität, Gehorsam, Hierarchie, Taktik, Disziplin, Loyalität gegenüber wenigen Vertrauten, Wachsamkeit und der stete innere Kriegszustand gegen die Feinde des Regimes gehörten zu dieser Welt. Die Kunst zu überdauern bestand darin, ein Machtgleich‧gewicht zwischen seinen „Familien“ herzustellen, den politischen Gegebenheiten stets angepasst: Während die faschistische Falange im Zweiten Weltkrieg dominierte, waren es in der Nachkriegszeit die Monarchisten. War die katholische Kirche als „totalisierende Kraft“ ein Garant für restaurative Ideale kastilischen Rittertums und für üppige Inszenierungen, wie Franco sie liebte, so wurde ihr in dem Moment das Technokratentum des „Opus Dei“ zugesellt, in dem sich Spanien dem westlichen Tourismus öffnete. Die „katholische Laienorganisation“, wie Collado Seidel sie recht verkürzt bezeichnet, sollte ein ideologisches Bollwerk gegen die westliche Demokratie schaffen. Der Autor vermag auch gängige Bilder zu widerlegen, etwa dass Franco Spanien aus dem Zweiten Weltkrieg heraushalten wollte oder dass er ein Friedensbringer gewesen sei. Das Buch ist anspruchsvoll geschrieben, ist auf Francos Persönlichkeit, sein militärisches und politisches Handeln, die Franco-Rezeption konzentriert, wobei die Franco-Verteidiger stärker zu Wort kommen. Dies führt zu Redundanzen. Die Stimmen der Opposition, der Exilanten und des zivilgesellschaftlichen Widerstands kommen dabei etwas zu kurz. Die Biographie ist trotzdem empfehlenswert, vor allem für jene, die Spaniens Geschichte schon ein wenig kennen.

Rezension: Prof. Dr. Ursula Prutsch

Collado Seidel, Carlos
Franco – General – Diktator – Mythos
W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2015, 314 Seiten, Buchpreis € 26,99
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