„Franziskus, geh und baue mein Haus wieder auf, das, wie du siehst, ganz und gar in Verfall gerät.“ Diese Worte sprach der Überlieferung nach das Kruzifix der Kirche S. Damiano bei Assisi zu dem vor ihm betenden Franziskus und begründete damit den spirituellen Weg des reichen Kaufmannssohns (1181/82–1226). Dieser sah sich nach diesem Erlebnis zu einem Leben in der Nachfolge Christi berufen – gegen den heftigen Widerstand des Vaters, der seinen Sohn einsperrte und verfluchte, um ihn an seinem Schritt „aus der Welt“ zu hindern.
Doch Franziskus ließ sich auch durch Rückschläge nicht beirren, scharte mehr und mehr Anhänger um sich und zog schließlich, Friedfertigkeit und Buße predigend, durch das Land. Das Ziel seiner Bemühungen aber ging über die individuelle Bekehrung hinaus und richtete sich auf die Reform der Kirche insgesamt, die sich angesichts des großen Zulaufs, den häretische Strömungen wie die der Katharer oder Waldenser verbuchen konnten, in einer tiefen Krise befand. Brisant war dabei der Kern der franziskanischen Glaubensauffassung: die radikale Besitzlosigkeit. Sie blieb Forderung und Herausforderung zugleich für das Selbstverständnis einer Kirche, die auf weltlichen Einfluß und politische Machtpositionen nicht verzichten mochte. Franziskus von Assisi, über dessen Leben und Denken wir durch zahlreiche Quellen außerordentlich gut unterrichtet sind, wurde zu einem der einflußreichsten mittelalterlichen Heiligen. Berühmt sind etwa das „Sonnenlied“ und die „Predigt an die Vögel“.
Ein von Dieter R. Bauer, Helmut Feld und Ulrich Köpf herausgegebener Aufsatzband wirft nun neues Licht auf den Lebensweg des Franziskus, auf seine Glaubenslehre und seine Rezeption. Untersucht werden etwa das Verhältnis zur Mystik, zur Askese und dem Katharismus, das Geschichtskonzept des Franziskus oder die Verbindung des Heiligen zu seiner Schwester Klara.
Rezension: Talkenberger, Heike