In den letzten Jahren sind vor allem Kriegserfahrungen und Kriegsalltag in den Mittelpunkt des historischen Interesses gerückt. Einen spannenden und anschaulichen Beitrag zu diesem Thema bietet das von Bernd Ulrich und Benjamin Ziemann herausgegebene historische Lesebuch „Frontalltag im Ersten Weltkrieg“. Es versammelt kommentierte Ausschnitte aus verschiedensten Quellen und Dokumenten, unter anderem aus Feldpostbriefen, Tagebüchern, Reden, Zeitungsartikeln oder behördlichen Berichten. Das Vorhaben der Herausgeber, der ideologisch verformten Wahrnehmung vom Krieg – etwa der Beschwörung einer „Frontgemeinschaft“ – die vielen individuellen Wirklichkeiten der Soldaten entgegenzustellen, ist überzeugend eingelöst worden. Begleitet man die Kriegsteilnehmer an die Front, so ist zwar zuweilen auch von Patriotismus, aber vielfach auch von Angst, Zweifel und psychischem Zusammenbruch die Rede. Ein ausführliches Kapitel dokumentiert die zahlreichen Formen der Verweigerung an der Front. Am Ende steht der Blick auf die Radikalisierungen der Revolutionszeit.
Rezension: Talkenberger, Heike