Lange Zeit hat sich das Klischee gehalten, daß Gewalt „Männersache“ sei, dies gilt auch für die Erforschung von Gewalt in der frühen Neuzeit. Daß tatsächlich auch Frauen Gewalt gegen Männer ausübten, und dies nicht nur verbal, sondern durchaus „handgreiflich“ – wenn auch nicht so brutal wie Männer – , haben bereits Forschungen zu Beleidigungsprozessen im Paris des 18. Jahrhunderts gezeigt. In ihrer Dissertation befaßt sich Dorothea Nolde mit einer unwiderruflichen Form der Gewalt, die beide Geschlechter betrifft: Dem Gattenmord, für den im untersuchten Zeitraum von 1550 bis 1635 gleich viele männliche und weibliche Personen angeklagt wurden. In einem ersten Teil ihrer Arbeit befaßt sich die Autorin zunächst mit dem literarischen Bild des Gattenmords sowie mit den rechtlichen und sozialen Normen für die Ehe. Weiterhin analysiert sie die Konfliktfelder, in denen über die Macht in der Ehe gestritten wurde. Im zweiten Teil wird der Gattenmord vor Gericht untersucht, die rechtliche Basis und die Urteile, die Rolle von Tatbeständen, Beweisen und Zeugen sowie die Verteidigungsstrategien der Angeklagten. Die Ergebnisse der differenzierten Studie bieten wichtige Einsichten über Ordnungssysteme und Geschlechterverhältnisse der frühen Neuzeit. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Autorin, anders als auf dem Cover angekündigt, nicht „Macht und Gewalt in der frühneuzeitlichen Ehe“ untersucht hat, sondern dieser Fragestellung allein anhand französischer Quellen nachgegangen ist.
Rezension: Talkenberger, Heike