In seiner „Geschichte der Zukunft“ setzt sich der Umwelthistoriker Joachim Radkau nicht mit den Perspektiven für das 21. Jahrhundert auseinander, sondern mit Visionen und Zukunftsprognosen, wie sie seit 1945 entwickelt wurden. Dabei möchte er sich vor „retrospektiver Besserwisserei“ hüten. Natürlich schmunzeln wir heute etwa über die Atom-Euphorie der 1950er und 60er Jahre, wo über kostengünstige, in einen Karton passende Kraftwerke fabuliert wurde, oder über manch alarmistisches Zukunftsbild, etwa die Angst vor einer Überschwemmung Deutschlands im Zeichen der Klimakatastrophe (der „Spiegel“ zeigte 1986 ein Titelbild mit dem Kölner Dom im Wasser). Auf der anderen Seite hätte wohl kaum jemand geglaubt, dass die deutsche Wiedervereinigung wirklich möglich sein würde, zu kühn schien diese Hoffnung.
Radkau geht es aber um mehr: Er lotet aus, was die Zukunftsprognosen, -hoffnungen und -ängste über die deutschen Gesellschaften in West und Ost aussagen, sei es über Landwirtschaft und Umwelt, sei es über Bildung und Arbeit. Und eines kann man auf jeden Fall lernen: Die geschichtliche Entwicklung verläuft eben nicht zwangsläufig in eine vorhersagbare Richtung, sondern hält immer wieder Überraschungen für uns bereit – gerade heutzutage ist das ein Trost.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger