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Gewalt und Gemeinschaft – Kriegsknechte um 1500

Xenakis, Stefan

Gewalt und Gemeinschaft – Kriegsknechte um 1500

Manchmal bringt es die Umgangssprache doch am besten auf den Punkt: Aus diesem Buch kann man lernen, wie Söldnerhaufen „getickt“ haben – die Assoziation mit Zeitbomben ist ja nicht ganz abwegig. Stefan Xenakis, der nach den Pionier‧arbeiten von Reinhard Baumann (1978) und Peter Burschel (1994) zur mittlerweile dritten Generation jüngerer deutscher Historiker gehört, die sich der Söldnerforschung widmet, befasst sich durchaus noch mit der Sozial‧geschichte, der Organisation und zumal der Ökonomie des frühneuzeitlichen Söldnerwesens. Im Zentrum seiner Gießener Doktorarbeit steht aber die Aktionsmacht der Söldner, deren Dynamik und Sinnhaftigkeit er zu entschlüsseln versucht. Die zentralen Kapitel des Buches be‧handeln Meutereien, Schlachten und Plünderungen.

Dafür hat der Autor unbekanntes Aktenmaterial erschlossen, konzentriert auf die Kriegszüge, die zwischen 1499 und 1526 im Raum des Schwäbischen Bundes geführt wurden. Damit sind einige Besonderheiten verbunden, etwa die erstaunlich bunte Zusammensetzung mancher Haufen, in denen neben Söldnern aus dem näheren Umfeld auch erprobte Rückkehrer aus Italien und weniger erfah‧rene Mitglieder der städtischen Aufgebote zum Einsatz kamen. So überrascht es nicht, dass eine meuternde Truppe nicht nur nach außen drohend auftrat, sondern auch den eigenen Zusammenhalt mit Todesdrohungen gewährleisten musste.

In der Überlieferung dieser Zeit bleiben viele Schilderungen einseitig und lückenhaft. Das Kapitel über die Schlachten ist deshalb auch das kürzeste. Die bunte Fülle der Beispiele und Äußerungen der Zeitgenossen wird daher durch ein vorgeschaltetes Kapitel zusammengehalten. Es nimmt die Werte, Praktiken und Strukturen vorweg, die das gemeinsame Handeln der Söldner gewährleisteten. Als Leser lernt man zum Beispiel, was es mit dem „Schreien“ im Verbund der Söldner‧ auf sich hatte, und auch, dass manche der Wertvorstellungen nicht so weit von der zivilen Umwelt entfernt waren.

Die rational gezügelte Konsequenz, mit der Plünderungen organisiert wurden, kann erstaunen, auch wenn das Beute-streben wie manch andere Be-obachtungen Bekanntes eher bestätigen. Aber die Überlegungen des Autors gehen weiter. Einleitend referiert er zügig und unprätentiös eine Palette allgemeiner Thesen aus der modernen soziologischen Gewaltforschung. Davon ist im Weiteren zunächst nur noch sporadisch die Rede. Aber die Zusammenfassung nutzt Xenakis, um über seine Befunde ein Netz von Thesen zu werfen, die die Einzelheiten mit den theoretisch begründeten Konzepten verbinden.

Das wird nicht ausbuchstabiert, sondern skizziert eher Denkanstöße, denen man nicht in jedem Fall folgen muss. Aber nach all den lebensprallen Geschichten erschlägt die Zusammenfassung nicht, sondern gibt eine Fülle von Anregungen und macht deutlich, dass das, was Anfang des 16. Jahrhunderts im deutschen Südwesten geschah, auch noch für aktuelle Debatten von Bedeutung sein kann.

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Rezension: Prof. Dr. Michael Sikora

Xenakis, Stefan
Gewalt und Gemeinschaft – Kriegsknechte um 1500
Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2015, 408 Seiten, Buchpreis € 46,90
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An|ti|kon|zep|ti|vum  〈[–vum] n.; –s, –va [–va]; Pharm.〉 empfängisverhütendes Mittel

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Rot|bras|se  〈f. 19; Zool.〉 zur Familie der Meerbrassen gehöriger Fisch mit rotem Rücken: Pagellus erythrinus

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