Stefan Paul Werum legt mit seiner Publikation „Gewerkschaftlicher Niedergang im sozialistischen Aufbau“ eine materialreiche Analyse der mehrjährigen Phase zwischen Bildung der freien Gewerkschaften und der Etablierung des FDGB als „Transmissionsriemen“ der SED vor. Auf knapp 850 Seiten schildert er höchst detailliert die Gewerkschaftsgeschichte zwischen 1945 und 1953.
Werum behandelt knapp die Gründung und Aufbauphase des FDGB, die Bildung und Aufgabenbestellung der Betriebsräte sowie die soziale Lage der Beschäftigten. Er beschreibt ebenfalls die Entwicklung der gewerkschaftlichen Programmatik, die innere Organisation des FDGB und die Etablierung der Betriebsgewerkschaftsleitung. Diese erste Phase wird durch das Spannungsverhältnis zwischen den Betriebsräten und den Gewerkschaften bestimmt. Es gelingt den Gewerkschaften nicht, sich die Betriebsräte unterzuordnen. Es folgen die Konsolidierungsphase des FDGB und der Transformationsprozess des FDGB zur Massenorganisation der SED. Das Schlußkapitel der Publikation behandelt die Arbeiteraufstände im Juni 1953.
Werums Buch ist keine kurzweilige Abendlektüre, sondern überzeugt den geduldigen Leser durch eine beeindruckende Sammlung an Archivmaterial, das Werum erstmals einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. Bedauerlicherweise verzichtet er ausdrücklich „auf eine umfassende theoretische Verortung des FDGB im Gesellschaftsgefüge der SBZ/DDR“ und konzentriert sich auf die archivarische Überlieferung des FDGB. Ein gesellschaftsgeschichtlicher Zugang hätte sich allerdings durchaus angeboten. Seine Begründung, daß ein solcher Ansatz „von vorschneller und kaum verallgemeinerungswürdiger Natur“ sein würde, ist nicht plausibel. Als Nachschlagewerk kann der Band nicht gänzlich überzeugen, da er nur ein dünnes Personenverzeichnis, aber kein Sach- oder Ortsverzeichnis bietet. Recherchen werden damit unnötig erschwert. Ein umfangreiches Literatur- und Quellenverzeichnis erlaubt weitere Studien.
Rezension: Sommer, Christopher