Was ist eine Grenze? Wer mit dieser Frage den Blick auf antike Großreiche richtet, wird schnell in Verlegenheit geraten. Allzu deutlich unterscheiden sich antike „Grenzen“ von den geographisch und funktional klar definierten Grenzen moderner Territorialstaaten. Sicherlich mögen bekannte Befestigungsanlagen des römischen Limes zunächst einmal entsprechende Assoziationen wecken. Aber wozu benötigte ein Imperium, das vollmundig den Anspruch auf Weltherrschaft erhob, überhaupt Grenzen?
Margot Klee geht diesen Fragen in ihrem Buch über die Grenzen des kaiserzeitlichen Imperium Romanum (bis zum Beginn der Spätantike im frühen 4. Jahrhundert) nach und kann deutlich zeigen, daß die Grenzen Roms keineswegs aus‧schließlich der Verteidigung eines territorial definierten Großraums dienten. Vielmehr handelte es sich vor allem auch um symbolische Demarkationslinien, die Zivilisation von Barbarenland, den Geltungsraum des Römischen Rechts von „rechtsfreien“ Räumen trennten und dabei auch – aber eben nicht nur – der Verteidigung des Reichs dienten, eine Funktion, die seit dem 2. Jahrhundert dann freilich in verschiedenen Regionen zu wachsender Bedeutung gelangte.
Bei der Definition und Anlage der „Grenzen“ verfolgten die Römer keine übergreifende Gesamtstrategie, die über Jahr‧hunderte hin nachvollziehbar wäre; statt dessen paßte man sich flexibel den aktuellen Rahmenbedingungen, vor allem aber den geographischen Voraussetzungen an. So entstand im Lauf der Jahrhunderte ein vielgestaltiges Konglomerat aus festen, zum Teil aber auch recht „offenen“ Grenzen. All dies zeichnet die Autorin mit großer Sachkenntnis und in klarer Darstellung nach. Historische Überblicke wechseln sich dabei mit Einblicken in den unterschiedlichen Grenzalltag und Erläuterungen der „Grenzanlagen“ ab. Dies alles wird ergänzt und bereichert durch hervorragendes Bildmaterial und exzellente Karten, Rekonstruktionen, Modelle und Computeranimationen. Ein ausgesprochen empfehlenswertes Buch!
Rezension: Meier, Mischa