Das Buch dokumentiert vor allem jene große Debatte, die in der Fachwelt schon länger geführt wird: Viele „Therapien“ sind bis heute wissenschaftlich ungeprüft. Und wenn es endlich kontrollierte Studien gibt, ist das Ergebnis oft vernichtend. Sei es die Hormonersatztherapie in den Wechseljahren, Gelenkspülungen bei Knieproblemen oder Hustensaft bei Erkältungen: Es gibt keinerlei Evidenz für die Wirksamkeit.
Gelegentlich kritisiert Blech allerdings Gegner, die es so gar nicht gibt: Kundige Ärzte werden Statine nicht pauschal bei „zu hohen“ Gesamt-Cholesterinwerten verschreiben, sondern erst ein individuelles Risikoprofil kalkulieren. Beim Thema Mammographie-Screening bleiben wichtige Nutzen-Risiko-Abwägungen wie die der Strahlenschutzkommission aus dem Jahr 2002 glatt unerwähnt. Und fast die Hälfte der Strahlenbelastung durch diagnostisches Röntgen geht heute auf strahlenintensive CT-Untersuchungen beim Radiologen zurück. Hinzu kommt das Problem, dass in Deutschland viele Ärzte röntgen dürfen und sich die Patienten daher zu oft selber überweisen, wie Blech zu Recht anprangert.
Mitunter entsteht der Eindruck, Blech hätte Patentrezepte zur Hand, vor denen er doch eigentlich warnt. So lautet sein Rat für viele Bandscheiben geplagte: „Die Zeit heilt viele Wunden.“ Doch das Problem seriöser Medizin bleibt die heikle Frage, wem Warten helfen könnte und wem ein frühzeitiger Eingriff. Seinem Hauptziel aber wird das Buch auf jeden Fall gerecht: „Wissen ist die beste Medizin.“ Patienten sollten ihren Doktor hartnäckig nach Nutzen und Risiken seiner Therapien befragen.
Bernhard Epping