Gnadenloser Spötter und romantischer Lyriker, entschiedener Kosmopolit, Linkshegelianer und Demokrat – umstritten war der Dichter Heinrich Heine bereits bei seinen Zeitgenossen. Auch in der Forschung bleibt Heine eine Reizfigur.
Wer und was prägte Heine als Menschen und als Dichter? Dieser Frage geht Jost Hermand in seinem neuesten Heine-Werk nach. Der Autor beleuchtet die Hintergründe der komplexen und zwiespältigen Beziehungen Heines zu seinen Zeitgenossen wie Börne, Marx und den liberalen Dichtern, die unter dem Sammelbegriff „Das Junge Deutschland“ in die Geschichte eingegangen sind, zu seinen Vorbildern Lessing und Schiller sowie zu seinem Idol Napoleon. Eines der Kapitel ist auch Heines ambivalentem Verhältnis zu Goethe gewidmet, den er als „kalt und egoistisch“ und einen „Aristokratenknecht“ bezeichnete, um dann später sein Urteil über das Vorbild der Weimarer Klassik zu revidieren.
In seinem Buch, das sich auf die umfangreiche und intensive Forschungsarbeit des Autors stützt, beschreibt der renommierte Germanist auch Heines Ambivalenz gegenüber der „breiten Massen“, den Einfluß der Philosophie Hegels auf den Dichter sowie seine Gottesvorstellungen. Den letzten Abschnitt des Buches widmet Hermand dem unterschiedlichen Heine-Bild in der Literaturforschung der DDR und BRD.
War Heine ein Vorläufer der „Moderne“? In dem „polemischen Epilog“ unterstreicht Jost Hermand sowohl die Fragwürdigkeit der Begriffe „modern“ und „Moderne“, als auch die Vieldeutigkeit und Widersprüchlichkeit im Werk des bedeutenden Dichters, der sich selbst auf keine eindeutige Richtung festlegen wollte.
Rezension: Daus, Maryna