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Herculaneum

Wallace-Hadrill, Andrew

Herculaneum

Die Ruinen und Funde der beiden im Jahr 79 n. Chr. verschütteten Vesuv-Städte gehören seit dem 18. Jahrhundert zu den Fixpunkten des kulturellen Gedächtnisses Europas. Mag Herculaneum auch weniger Touristen anziehen als das bekanntere Pompeji, stellen sich die Probleme der archäologischen Erforschung und des Schutzes in beiden Städten doch sehr ähnlich dar.

Andrew Wallace-Hadrill, langjähriger Direktor der „British School“ in Rom und der momentan wohl beste Kenner der Verhältnisse, legt ein Werk vor, das seinerseits eine gleichsam archäologische Struktur aufweist. Auf der Oberfläche ist es ein großformatiges Coffee-Table-Book mit Fotos in bestechender Qualität, zum Teil panoramaartig auf Ausklapptafeln präsentiert, ergänzt um zahlreiche Graphiken.

Wer jedoch etwa tiefer gräbt und sich auch in den Text vertieft, wird zunächst umfassend über die geologischen und vulkanologischen Verhältnisse, die Erdbeben und den finalen Ausbruch ins Bild gesetzt sowie über die Geschichte der von den Oskern gegründeten, in augusteischer Zeit – also erst spät, aber dafür umso gründlicher – kulturell umgestalteten Stadt informiert. Anthropologische Untersuchungen und die Auswertung von Inschriften zeigen eine Siedlung mit einer kleinen, sehr wohlhabenden Oberschicht und einer großen Mehrheit an Sklaven und Freigelassenen von unterschiedlichem Status, während eine Mittelschicht kaum greifbar ist.

Das Gesicht der wohlhabenden, von Mobilität und Dynamik geprägten Stadt, die öffentlichen Anlagen und privaten Bauten, Lebensstandard und Luxus sowie die Wohnungen und das Alltagsleben der unteren Schichten werden plastisch erzählt. Grundlage ist die Auswertung der Grabungsbefunde und Inschriften, ergänzt um sozialgeschichtliche Forschungen auf neuestem Stand.

Ein Leitmotiv des Autors, das sich wie eine Erzader durch den Untergrund des gesamten Buchs zieht und immer wieder ans Licht drängt, ist jedoch seine brennende Sorge darum, wie die Zukunft der Stätten vor den Folgen von Inkompetenz, Desinteresse, Gier und chauvinistischen Vorbehalten gegen internationale wissenschaftliche Kooperationen bewahrt werden kann. Wallace-Hadrill formuliert nüchtern, was Touristen, Lokalpolitiker und alle Sorten von Profiteuren vor den Kopf zu stoßen geeignet ist: Vergangene Artefakte sind am sichersten, wenn sie nicht ausgegraben werden; wer dennoch ausgräbt, muss auch dauerhaft konservieren.

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Dazu kommt, dass der Kompromiss zwischen wissenschaftlicher Redlichkeit und den Bedürfnissen der Öffentlichkeit nach Anschauung – etwa durch Rekonstruktionen und Fundinszenierungen – stets prekär ist. Von den antiken Schatzsuchern über die Tunnelgräber in der Ära der Bourbonenherrschaft bis zur Archäologie mit dem Bagger ausgerechnet an der Papiri-Villa noch in jüngster Zeit – die Aneignung Herculaneums hat die Jahrhunderte hindurch eine ganze antike Welt ebenso zutage gefördert wie vielfach vernichtet. Ein herausragendes, ein aufrüttelndes Buch!

Rezension: Prof. Dr. Uwe Walter

Wallace-Hadrill, Andrew
Herculaneum
Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2012, 352 Seiten, Buchpreis € 49,99
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