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Ideologie und Herrschaftsrationalität – Nationalsozialistische Germanisierungspolitik in Polen

Wolf, Gerhard

Ideologie und Herrschaftsrationalität – Nationalsozialistische Germanisierungspolitik in Polen

Der „Blitzkrieg“ gegen Polen im September 1939 löste in deutschen Regierungskreisen eine Dynamik aus: Man wollte eine Einverleibung großer Territorien in Osteuropa in das Großdeutsche Reich. Erste Etappe sollte die Aneignung des westlichen Polen sein, aus dem – so die frühen Planungen – Millionen Polen und Juden ins Generalgouvernement (die Juden auch nach Madagaskar) abgeschoben werden sollten. Im Sinn der NS-Lebensraumideologie war das Ziel die rasche Eindeutschung, die 1939/40 mit der Verdrängung einheimischer Polen und der forcierten Ansiedlung Hunderttausender sogenannter Volksdeutscher begann, die aus dem sowjetischen Machtbereich umgesiedelt wurden.

SS-Chef Heinrich Himmler war zugleich Reichskommissar für die Festigung Deutschen Volkstums, und so drang die SS darauf, dass zwischen Deutschen und Polen nach Gesichtspunkten der Rassenlehre unterschieden wurde. Die Gauleiter in den annektierten westpolnischen Gebieten ließen sich aber auf solche den allergrößten Teil der Bevölkerung ausschließende Kriterien nicht ein. Sie machten geltend, dass die Aufrechterhaltung des Wirtschaftslebens und stabiler öffentlicher Ordnung nur unter Verzicht auf die völlige Vertreibung der polnischen Bevölkerung zu erlangen war. Auch pragmatische Erwägungen – nicht zuletzt der Arbeitskräftemangel – entschieden darüber, wer als Deutscher und wer als Pole zu gelten habe. Am Ende setzte sich mit der „Deutschen Volksliste“ ein Auswahlverfahren durch, das unter Bezug auf Volk statt Rasse einen weit größeren Teil der Einheimischen zu gewinnen versprach. Es bildete sich ein immer weiter ausgreifendes Assimilationsprogramm heraus. Ausschlaggebend für die Zulassung zur (Wieder-)Eindeutschung war die überkommene Differenzierung nach Muttersprache, mentalen Faktoren sowie kulturellen und sozialen Praktiken jener, die sich der „deutschen Volksgemeinschaft“ anschließen wollten bzw. sollten. Das Handeln der Zivilverwaltungen schloss somit ganz wesentlich an die Politik in den preußischen Ostprovinzen bis zum Ersten Weltkrieg an.

Auf diese Zusammenhänge ist in anderen Untersuchungen schon hingewiesen worden, doch zeichnet Gerhard Wolf diesen Prozess erstmals akribisch auf der Grundlage der verfügbaren Quellen für die verschiedenen Ebenen der deutschen Herrschaft nach. Man darf nun darauf gespannt sein, wie sich Wolfs Ergebnisse in die Forschungen zu Anpassung und Kollaboration unter der NS-Herrschaft integrieren lassen.

Rezension: Dr. Klaus-Peter Friedrich

Wolf, Gerhard
Ideologie und Herrschaftsrationalität – Nationalsozialistische Germanisierungspolitik in Polen
Verlag Hamburger Edition, Hamburg 2012, 528 Seiten, Buchpreis € 28,00
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