Das Buch verrät auch, welche Schlüsse nicht auf wissenschaftlicher Grundlage gezogen werden können. So bedeutet eine Erblichkeit der Intelligenz von rund 75 Prozent keineswegs, dass jeder Einzelne drei Viertel seines IQ den Genen zu verdanken hat. Vielmehr handelt es sich um eine statistische Bewertung des genetischen Einflusses auf die gemessenen Unterschiede im IQ innerhalb einer Gruppe. Man merkt: Die Sache ist etwas komplizierter als vermutet und hat mit Mathematik zu tun. Eine Stärke des Autors ist, dass er Begriffen wie Korrelation und Varianz
im lockeren Erzählton den Schrecken nimmt.
Ein weiteres Plus: Zimmer scheut nicht davor zurück, unliebsame Fakten deutlich zu nennen, wenn er etwa eine Liste der durchschnittlichen IQ-Werte verschiedener Staaten präsentiert. Eine unaufgeregte Interpretation folgt und beseitigt das Unbehagen. Man wünscht sich, dass sich jeder, der sich von Sarrazins Rattenfänger-Thesen hat verführen lassen, anschließend von Dieter E. Zimmer wieder zurechtbiegen ließe.
Maria Bongartz