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Kaiser Friedrich III.

Koller, Heinrich

Kaiser Friedrich III.

Kaiser Friedrich III. (1440– 1493) war trotz seiner 53jährigen Herrschaft lange Zeit einer der am wenigsten bekannten, da vollkommen unterschätzten Herrscher des römisch-deutschen Reichs: Zu nachdrücklich hatte sich die Verspottung als „Erzschlafmütze“ eingeprägt, als daß man sich dem völlig uncharismatischen, meist vorsichtig taktierenden und von militärischem Erfolg nicht eben verwöhnten Herrscher, seiner von vielen Rückschlägen und Demütigungen gekennzeichneten Regierungszeit und seinem glanzlosen Hof hätte zuwenden wollen. Die vergangenen etwa 25 Jahre brachten jedoch erhebliche Korrekturen dieses Zerrbildes.

Dennoch fehlte es bisher an einem umfassenden und detaillierten Überblick über das Wirken des Habsburgers. Um so erfreulicher ist es, daß mit dem Salzburger Emeritus Heinrich Koller ein Wissenschaftler eine Biographie des Herrschers vorgelegt hat, der sich maßgebliche Verdienste um die Aufarbeitung der urkundlichen Überlieferung und die Erforschung der Regierungszeit Friedrichs III. erworben hat. Da die Quellenüberlieferung eine Schilderung der Persönlichkeitsentwicklung nicht zuläßt, gliedert der Verfasser seine Studie nach der Regierungstätigkeit Friedrichs III., von der Jugendzeit, den ersten Regierungsjahren und der Aachen-Fahrt über die Kaiserkrönung und wachsenden Familienzwist bis zum Lebensende 1493. Auch eine Darstellung des Hoflebens bietet er.

Koller stützt sich auf die mittlerweile zahlreichen Studien zu Friedrich III. und nicht zuletzt auf eigene Forschungen. Doch hätte man sich bisweilen eine explizitere Forschungsdiskussion gewünscht. Bei bestimmten markanten Thesen wäre man außerdem für eine Begründung dankbar gewesen; angeführt seien als Beispiel folgende Behauptungen: Friedrich III. selbst habe eine „fast schon aufgeklärte Einstellung zum Christentum“ gehabt, wie ohnehin die Haltung des 18. Jahrhunderts zu Religion und Kirche auf die „Gegebenheiten der Spätgotik zurückgeführt werden“ könne; die Kaiserkrönung von 1452 sei „schon für viele Zeitgenossen ein Formalakt ohne größere Wirkung“ gewesen und auch Friedrich habe „dem sakralen Charakter der Zeremonie wenig Bedeutung“ beigemessen; „die Menschen der Spätgotik“ seien „ganz allgemein unfähig“ gewesen, „die Probleme ihrer Zeit klar zu erfassen“.

Die Beschränkung der Forschungsdiskussion wie gewisse plakative Zuspitzungen mögen freilich ebenso dem Konzept der an ein breiteres Publikum gerichteten Reihe geschuldet sein wie die etwas zu geringe Berücksichtigung der politischen und rechtlichen Strukturen. Immerhin fließen entsprechende Erwägungen en passant in die Schilderung der Handlungsabläufe ein.

Diese adäquat darzustellen war in Anbetracht der vielfältigen Verflochtenheit der inneren und äußeren Politik in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, in der sich das europäische Staatensystem der frühen Neuzeit herauszubilden begann, eine große Herausforderung. Koller hat sie zum Vorteil des Lesers gemeistert, in seinem legitimen Bemühen um Reduktion von Komplexität freilich immer wieder seine Zuflucht zu Umschreibungen wie „Macht“, „Chaos“ und „Wirren“ genommen, deren Aussagekraft diskutabel sind. Einen großen Erklärungswert scheint Koller dagegen einem psychologisierenden Ansatz zuzumessen; er bemüht sich immer wieder, trotz der Sprödigkeit der Quellen der vermuteten Gedanken- und Gefühlswelt des Habsburgers nahezukommen. Wertende, höchst subjektive Einordnungen des Charakters und der politischen Strategien des Herrschers finden sich häufig. Heinrich Koller hat ein ebenso material- und kenntnisreiches wie persönliches Werk vorgelegt. Seine Ergebnisse verdienen, aufgegriffen und weitergeführt zu werden.

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Rezension: Reinle, Christine

Koller, Heinrich
Kaiser Friedrich III.
Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2005, 311 Seiten, Buchpreis € 34,90
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