Im West-Berliner Militärgefängnis Spandau inhaftierte man nach 1946 sieben hohe Vertreter des Nationalsozialismus, die beim Nürnberger Prozess zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden waren – unter ihnen der Rüstungsminister Albert Speer, der Stellvertreter Hitlers Rudolf Heß, die Admiräle Karl Dönitz und Erich Raeder sowie der „Reichsjugendführer“ Baldur von Schirach. Die vier Siegermächte übernahmen gemeinschaftlich die Überwachung der Gefangenen, um deren Behandlung heftig gestritten wurde; ein Reflex der Spannungen des Kalten Kriegs.
Nun legt der amerikanische Historiker Norman J. W. Goda eine detaillierte Darstellung der Geschehnisse und Konflikte rund um Spandau vor. Auf der Grundlage von neu zugänglichem Archivmaterial berichtet er von den Insassen und ihrer Zeit in der Haftanstalt, besonders ausführlich von Heß und Speer. Die Erkenntnisse des Autors könnten übrigens auch für den heutigen Umgang mit verurteilten Kriegsverbrechern bedeutsam sein.
Die Haftanstalt wurde übrigens nach dem Freitod von Heß, dem letzten Gefangenen, 1987 abgerissen; man befürchtete, sie könnte zur Wallfahrtsstätte für Neonazis werden.
Rezension: Stetzler, Fabian