„Kanonen statt Butter“, unter diese Devise stellte nicht nur Rudolf Hess im Jahr 1936 die nationalsozialistische Wirtschaft, sondern auch Tim Schanetzky seine klug argumentierende und brillant geschriebene Wirtschafts-und Konsumgeschichte der nationalsozialistischen Herrschaft. In fünf Kapiteln, die Erfahrungen von Einzelpersonen ebenso beinhalten wie strukturgeschichtliche und international vergleichende Ausblicke, hebt Schanetzky die Rüstungs- und Kriegspolitik als beherrschende Dynamik der Wirtschaftspolitik Hitlers hervor.
Trotz ungünstiger ökonomischer Rahmenbedingungen der 1930er Jahre, in denen der Devisenvorrat des Reichs schrumpfte, die Importabhängigkeit der deutschen Wirtschaft überaus deutlich wurde und von 1936 an auch Versorgungsschwierigkeiten für Unzufriedenheit in der Bevölkerung sorgten, wurde die Autarkiepolitik des Deutschen Reiches beschlossen und durchgesetzt. Die Erwartung, dass die durch einen Angriffskrieg eroberten Gebiete dann auch das Deutsche Reich versorgen und wirtschaftlich sanieren könnten, stand hinter den Plänen.
Eindrucksvoll zeigt Schanetzky, wie der Krieg zu einer „Großraubwirtschaft“ führte, in der durch Ausbeutung der Ressourcen der besetzten Gebiete und den massenhaften Einsatz von bzw. Mord an Zwangsarbeitern jedoch weder die Versorgung der deutschen Zivilbevölkerung durchgängig gesichert wurde, noch es zu einem „Rüstungswunder“ kam, da die Rüstungsindustrie vor allem dank staatlicher Unterstützung und rücksichtsloser Ausbeutung von Arbeitskräften expandierte.
Dabei wird deutlich, wie umfangreich die Wirtschaftseliten mit der NS-Bürokratie zusammenarbeiteten. Im Vergleich zu der industrie- und wirtschaftspolitischen Ausrichtung auf den Krieg waren – wie Schanetzky überzeugend demonstriert – die Maßnahmen für eine bessere Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Wohnraum nur begrenzt erfolgreich.
Freilich beförderte der NS-Staat die Beschäftigung von Männern und Frauen nach der Weltwirtschaftskrise und schuf nach 1936 für qualifizierte Ar‧beiter günstige Arbeitsmarktbedingungen. Von einer breiten Versorgung der Bevölkerung mit Konsumgütern wie in den USA war die deutsche Gesellschaft aber weit entfernt. Kühlschränke und Staubsauger, Autos und Motorräder blieben selten, lediglich Urlaubsreisen und der Volksempfänger waren unter größeren Teilen der Bevölkerung verbreitet. Aber auch dann gehörten oft eher Mitglieder der Mittelschichten als der Arbeiterklasse zu den Nutznießern.
Rezension: Prof. Dr. Hans-Gerhard Haupt