Er war Sohn einer wohlhabenden jüdischen Kaufmannsfamilie aus Breslau, arbeitete als Historiker, Publizist und Pädagoge, erlebte den Terror der Nazi-Herrschaft und wurde 1941 mit einem Teil seiner Familie nach Litauen deportiert und ermordet. Er wurde zum Zeugen der Vernichtung des Breslauer Judentums. Bekannt geworden ist Willy Cohn durch seine Lebenserinnerungen „Verwehte Spuren“, die 1995 im Böhlau Verlag erschienen. Jetzt liegen auch seine Tagebücher gedruckt vor, die wohl am ehesten mit denen Victor Klemperers aus Dresden zu vergleichen sind.
Er, der sich „die Liebe zu Deutschland“ nicht „ganz aus dem Herzen zu reißen“ vermochte, protokollierte Tag für Tag die zunehmende Entrechtung der Juden, ihre Verzweiflung und Ohnmacht, aber auch spontane Hilfe von nichtjüdischen Mitbürgern. Sein Patriotismus, der den Frieden von Versailles ablehnte und ihn sogar Hitlers Überfall auf Polen bewundern ließ, verleitete ihn zum Bleiben in einem Deutschland, das für ihn am Ende nur noch den Tod bereithielt.
Rezension: Talkenberger, Heike