Dass Kinder in den Hexenprozessen der frühen Neuzeit angeklagt und verurteilt wurden, erscheint aus heutiger Sicht verstörend. Und doch, so argumentiert Johannes Dillinger in seinem Buch über Kinderhexenprozesse, changiere auch heute noch das Bild vom Kind: Unschuld und Grausamkeit werden ihm gleichermaßen zugetraut.
Der Autor befasst sich in einzelnen Fallstudien mit Prozessen gegen Angeklagte, die unter 16 Jahren waren, vor allem aus dem deutschen Südwesten, aber auch aus Schwerin, Itzehoe oder Salzburg. Der elfjährige Veit Jakob Zahn aus Calw etwa behauptete freiwillig, er sei mit der Großmutter seines Freundes Bartholomäus Süb zum Hexentanz gewesen, gemeinsam mit anderen Kindern. Als Hauptverführer der Kinder wurden die Großmutter, aber auch Bartholomäus, beide verrufen und sozial randständig, hingerichtet, worauf nicht zuletzt die Eltern der angeblich verführten Kinder gedrungen hatten.
Dillinger arbeitet differenziert Muster und Strukturen von Kinderhexenprozessen heraus und kommt zu dem Schluss, dass besonders in wirtschaftlichen Krisenzeiten ein Einvernehmen zwischen Bevölkerung und Justiz bei der Hexenverfolgung herrschte. Kinder beförderten diese, weil ihre „Geständnisse“ als besonders glaubwürdig galten.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger