Sammelbände erwecken naheliegenderweise oft den Verdacht, es handle sich lediglich um „Buchbindersynthesen“. Mit Sicherheit ist der vorliegende Band von einem solchen Vorwurf freizusprechen. Der Rezensent wüsste kaum ein anderes Werk, das über die westliche Kriegführung zwischen 500 und 1500 so gründlich informiert wie das vorliegende.
Insgesamt 18 chronologisch und thematisch orientierte Einzelbeiträge, von bereits etablierten wie auch jüngeren Forschern verfasst, entfalten ein weites Panorama des mittelalterlichen Krieges. Besonders hervorzuheben ist das hohe sprachliche Niveau der einzelnen Aufsätze, die fast alle wissenschaftliche Belehrung auf neuestem Forschungsstand mit einem immer seltener anzutreffenden Lesevergnügen verbinden.
Sympathisch berühren auch die Offenheit und die zum Teil einander widersprechenden Aussagen der verschiedenen Beiträge. Als Beispiele seien genannt: die unterschiedlich ausfallenden Beurteilungen des Turnierwesens im Blick auf dessen mögliche Bedeutung für den realen „Krieg“ und die unterschiedliche Bewertung der Fehde als privates, gesellschaftlich umstrittenes Gewalthandeln bzw. als legitimer „Krieg“.
Angesichts der dem Rezensenten auferlegten Beschränkung auf einige wenige Zeilen kann an dieser Stelle leider nicht näher auf alle einzelnen Beiträge eingegangen werden. Insgesamt entsteht ein plastisches Bild mittelalterlicher Kriege, wobei nur manchmal der (falsche) Eindruck geweckt wird, mittelalterliche Kriege seien etwas oder auch ganz entschieden „anständiger“ geführt worden als heutige. So bleibt es für den Rezensenten im Beitrag von Jan-Willem Honig nicht nachvollziehbar, dass „in der mittelalterlichen Kriegsführung beide Seiten eine inhärente Gleichheit und Würde [besaßen]“, obwohl wenige Zeilen zuvor noch von der „mörderischen Brutalität“ des mittelalterlichen Krieges die Rede war. Man möchte dem Autor empfehlen, von seinem Feldherrnhügel herabzusteigen und im Sinne einer dichten Beschreibung etwas genauer hinzuschauen, was „mörderische Brutalität“ im Fall des mittelalterlichen Krieges konkret bedeutet hat. Anstand und Würde wird man im Fall der meisten mittelalterlichen Kriege und Schlachten jedenfalls vergeblich suchen. Dieses Schicksal teilen sie mit ihren antiken Vorläufern und ihren neuzeitlichen Nachfolgern.
Rezension: Prof Dr. Hans-Henning Kortüm