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Leben und Wohnen in der römischen Stadt – Unter Mitarbeit von Bettina Kunst

Kunst, Christiane

Leben und Wohnen in der römischen Stadt – Unter Mitarbeit von Bettina Kunst

Bei der Lektüre des Buchs von Christiane Kunst drängt sich eine Frage auf: Gab es „die römische Stadt“ überhaupt? Die Potsdamer Althistorikerin bezieht sich – abgesehen von Ostia – überwiegend auf Rom und Pompeji, zwei grundverschiedene Städte. Hier die kampanische Mittelstadt im Schatten des Vesuv, adrett, überschaubar, zugleich eine Schaubühne für den exquisiten Geschmack der überdurchschnittlich vielen wohlhabenden Bewohner.

Dort die stickige, hektisch-atemlose, lärmende Metropole, die in der Kaiserzeit etwa eine Million Bewohner beherbergte, in einem lichtarmen Konglomerat von meist regellos verlaufenden Straßen, gehobenen Einzelhäusern, ineinander verschränkten insulae, die gleichermaßen als Wohn-, Gewerbe- und Produktionsstätten dienten, und Arealen mit imposanten, doch wie alles in dieser Stadt unter Platzmangel leidenden öffentlichen Bauten.

Eine Großstadt ohne U-Bahn, aber mit Fahrverbot für Radfahrzeuge bei Tag vermochte eben nicht unbegrenzt in die Breite zu wuchern. Der Senator und die Prostituierte konnten so Wand an Wand wohnen, Cicero das Schnarchen seines Nachbarn Marcellus hören. Den 18 Großwasserleitungen, elf Thermen, 856 Badehäusern, 1352 öffentlichen Wasserstellen und 144 öffentlichen Latrinen, die ein spätantikes Regionenregister verzeichnet, standen innerhäusliche Sickergruben direkt neben der Küche und ein ungelöstes Müllproblem gegenüber.

Doch die Autorin führt nicht nur diese und andere Paradoxien vor, sie sieht auf ihren Gegenstand mit den Augen der Römer, zerlegt Stadt und Haus in ihre funktionalen Bestandteile und macht sie als Produkte und Spiegelbilder einer vielgestaltigen sozialen Ordnung verständlich. Gerade weil das Wohnen eine Achse menschlicher Existenz seit allem Anfang darstellt, vermag die hier vorgelegte Grammatik von Raum und Zusammenleben die Eigenart römischer Vorstellungen vor Augen zu führen.

Angelpunkt der Wohnidee war die Darstellung der Würde, des Reichtums und des sicheren Geschmacks des Besitzers. Das Haus eines Senators mit seinen absichtsvoll gestalteten Blickachsen und Raumfolgen stellte ein hochkomplexes Gebilde dar, einen sozialen Mikrokosmos, der als Ganzes weder der Sphäre des Öffentlichen noch dem Privaten zuzuordnen war.

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Mit Blick auf den breiten Leserkreis, den sie ansprechen möchte, muß die Autorin viel Bekanntes referieren. Was jedoch den reichillustrierten Band aus der Masse heraushebt, ist der Scharfsinn, mit dem Grundrisse und Raumgestaltungen für eine genuin historische Fragestellung ausgewertet werden. Hauptmanko des Buches: Es ist zu schmal, vor allem die archäologischen Befunde kommen zu kurz. Es ist also kein Referenzwerk, sondern eignet sich eher als Einführung.

Rezension: Walter, Uwe

Kunst, Christiane
Leben und Wohnen in der römischen Stadt – Unter Mitarbeit von Bettina Kunst
Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2006, 3534162854 Seiten, Buchpreis € 39,90
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