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Leningrad: Alltag während der Blockade

Ales Adamowitsch/Daniil Granin

Leningrad: Alltag während der Blockade

Das „Blockadebuch“ ist nicht nur ein vielstimmiges Zeugnis vom Alltag im rund 900 Tage belagerten Leningrad, es ist längst ein Teil von dessen Nachgeschichte geworden. Zwischen 1975 und 1977 führten die sowjetischen Schriftsteller Ales Adamowitsch und Daniil Granin 200 Interviews mit Überlebenden der deutschen Blockade Leningrads im Zweiten Weltkrieg, der rund eine Million Menschen durch Hunger und Krankheiten zum Opfer gefallen sind.

Adamowitsch und Granin haben Auszüge aus diesen Interviews mit Erinnerungen, Tagebuchaufzeichnungen und Briefen zu jener dokumentarischen Erzählung zusammengefügt, die bis heute das eindrucksvollste Zeugnis des Blockade-Alltags darstellt. Bewusst hob sich das „Blockadebuch“ von der klassischen sowjetischen Heldenerzählung ab, indem es die Beschwernisse des Kriegsalltags und die Verzweiflung der Menschen, aber auch deren Überlebenswillen und praktizierte Mitmenschlichkeit in den Mittelpunkt stellte. Die Kernaussage des „Blockadebuchs“ lautet: Die innere Kultur ist die Stärke des Menschen.

Die sowjetische Zensur sah in einer Darstellung, welche ihr Hauptaugenmerk auf das Leid der Menschen richtete, einen allzu negativen Blick auf den Krieg. Zunächst konnte das Buch deshalb nicht erscheinen. Die Literaturzeitschrift „Nowy mir“ druckte 1977 eine zensierte Fassung, die 1984 unter dem Titel „Blockadebuch“ in Leningrad verlegt wurde. Das unzensierte Manuskript konnte erst nach dem Ende der Sowjetunion veröffentlicht werden.

In der DDR erschien in den 1980er Jahren eine deutsche Übersetzung der sowjetischen Ausgabe. Dies blieb die einzige deutschsprachige Ausgabe, weshalb die Blockade im kulturellen Gedächtnis der Ostdeutschen bis heute sehr viel stärker verankert ist als in der alten Bundesrepublik. Es ist ein großes Verdienst des Aufbau Verlags, dass er nun erstmals die unzensierte Fassung in einer hervorragenden Übersetzung dem deutschen Leser zugänglich macht.

Die erschütternden Berichte aus der hungernden Stadt, die das Sterben und die Überlebensstrategien, die menschlichen Abgründe und selbstlose Humanität gleichermaßen dokumentieren, gehören zweifellos zu den wichtigsten Zeugnissen des Zweiten Weltkriegs und sind zugleich eine der wenigen Darstellungen, welche die sowjetische Kriegserfahrung dem deutschen Leser zugänglich macht. Es ist zu hoffen, dass das „Blockadebuch“ nun auch in ganz Deutschland die ihm gebührende Aufmerksamkeit erfährt.

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Rezension: Prof. Dr. Jörg Ganzenmüller

Ales Adamowitsch/Daniil Granin
Blockadebuch
Leningrad 1941–1944
Aufbau Verlag, Berlin 2018, 703 Seiten, € 36,–

 

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