Millionen von Europäern wurden im 20. Jahrhundert Opfer von Vertreibungen, Zwangsaussiedlungen und Deportationen. Diese Prozesse von Zwangsmigrationen, Täter und Betroffene, Verlaufsformen und Wirkungen sind das Thema eines voluminösen Lexikons, das insgesamt fünf Osteuropa-Experten herausgegeben haben. 308 Stichworte können recherchiert werden, die in vier Gruppen eingeteilt wurden: betroffene Ethnien in ihren Heimat- und Aufnahmeländern, zentrale Pläne, Konferenzen oder Beschlüsse, Personen bzw. Organisationen und zentrale Begriffe (etwa „Lager“ oder „Rehabilitierung“). Eine zusätzliche Orientierung bietet das umfangreiche Register.
Berücksichtigt wird auch der Völkermord an den Juden, den Roma bzw. den Armeniern, da auch diese furchtbaren Geschehnisse, ebenso wie die Vertreibungen, im Kontext ethnischer Reinheitsvorstellungen stehen. Deutlich wird, dass die vom NS-Staat initiierten Vertreibungen zwar einen zentralen Platz einnehmen, aber in einen übergreifenden Zusammenhang von Zwangsmigrationen in Europa gestellt werden müssen. Über 100 Autoren, unter ihnen polnische, russische und tschechische, haben zu diesem Standardwerk beigetragen, das sich mit seinen allgemeinverständlichen Artikeln an eine breitere Leserschaft wendet.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger