Wohlbekannt ist die gängige Geschichtserzählung, die den Fortschritt der Zivilisation so beschreibt: Die Griechen stehen danach am Anfang der Entwicklung, abgelöst von den Römern, dem christlichen Europa des Mittelalters, der Renaissance, der Aufklärung, der Industrialisierung und der Demokratie … Für den britischen Historiker Peter Frankopan ist diese Version eine Verengung, die sich allein aus der Sicht des „Siegers der jüngsten Geschichte“, nämlich Europas und der USA, ergibt. Dem möchte er einen radikal anderen Blickwinkel entgegenstellen, den aus der Perspektive des Ostens nämlich. Damit schließt er sich einem in den letzten Jahren häufiger zu beobachtenden Trend an.
Im Mittelpunkt steht die Re-gion vom östlichen Mittelmeer bzw. Schwarzen Meer bis zum Himalaja. An dieser „Schnittstelle der Zivilisation“ entstanden die ersten Hochkulturen und die monotheistischen Weltreligionen Christentum, Judentum und Islam. Davon ausgehend, zieht der Autor weite Entwicklungslinien: Von den Steppenvölkern ist die Rede, vom Ausgreifen Chinas, von Handelsströmen und wachsendem Kulturaustausch. So erfährt man etwa vom Erfolg des Christentums entlang den Handelsrouten im 5. bis 7. Jahrhundert, liest von den Schätzen des Ostens, indem man – Vasco da Gama sei Dank – zu Gast bei den Mogul-Herrschern ist. Das lebhaft und anschaulich geschriebene Buch ist anregend zu lesen, auch wenn nicht immer alles in ganz neuem Licht erscheint.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger