Vor 200 Jahren wurde Ludwig Windthorst (1812-1891) geboren. Aus diesem Anlass erscheint nun diese gut lesbare Biografie eines der führenden Zentrumspolitiker im Deutschen Kaiserreich. Der Autor Rüdiger Drews behandelt darin chronologisch das Leben Windthorsts und legt dabei verständlicherweise den Schwerpunkt auf sein politisches Wirken.
1812 geboren in Ostercappeln im heutigen Landkreis Osnabrück, zeitlebens unter seiner Kleinwüchsigkeit und seinen schlechten Augen leidend, arbeitete sich Windthorst nach seinem Studium in Göttingen und Heidelberg schnell bis zum Justizminister im sehr protestantisch geprägten Königreich Hannover hoch, durchaus bemerkenswert für einen Vertreter des politischen Katholizismus.
Auch nachdem Hannover preußisch geworden war, blieb er Minister und wurde Abgeordneter im Reichstag. Dort wurde der österreichfreundliche, großdeutsch-orientierte Windthorst, der schon lange vorher Bismarck ein Dorn im Auge gewesen war, einer der wichtigsten parlamentarischen Gegner des Reichskanzlers. Windthorst verfocht einen föderalistischen Kurs und verweigerte sich den Zentralismusbestrebungen, galt als Vertreter des Partikularismus und einer strikten Staats- und Rechtsauffassung.
Insbesondere im Kulturkampf in den 1870er Jahren, als Bismarck versuchte, die Trennung von Kirche und Staat einzuführen und die Macht der Kirche zu beschneiden, beispielsweise durch die Zivilehe, übernahm Windthorst eine Führungsrolle bei der Opposition im Parlament.
Der Autor zeichnet anhand der Biografie Windthorsts auch 80 Jahre bewegter deutscher Geschichte nach; im Geburtsjahr Windthorsts unterlag Napoleons große Armee in Russland, 1890, kurz vor Windthorsts Tod, war Bismarck als Reichskanzler zurückgetreten. Dazwischen lagen die Befreiungskriege, der Vormärz, Revolutionen und die Reichsgründung; die industrielle Revolution hatte begonnen und Geistesströmungen wie der Liberalismus, Nationalismus, Sozialismus und politischer Konfessionalismus bestimmten nun die Politik. Die Haltung Windthorsts zu diesen Ereignissen und Auffassungen wirft ein Licht auch auf die deutsche Geschichte.
Rezension: Timo Widmaier