Im Jahr 1615 wurde die 68-jährige Katharina Kepler, die Mutter des Astronomen Johannes Kepler, im württembergischen Leonberg als Hexe angeklagt. Vorgeworfen wurde ihr von Nachbarn eine Reihe von Schadenszaubern, dazu Verführung zur Hexerei. Als Katharina 1620 tatsächlich verhaftet wurde, übernahm ihr Sohn Johannes selbst die Verteidigung seiner Mutter, und ihm gelang das fast Unmögliche: Ein Jahr später war Katharina frei.
Die in Cambridge lehrende Frühneuzeit-Historikerin Ulinka Rublack hat sich nicht nur diesen Hexereiprozess genau angeschaut, sondern ordnet ihn zugleich in einen großen kulturhistorischen Kontext ein, der auch den verbreiteten Hexenglauben und die konkreten Verhältnisse in Leonberg mit einschließt. Doch dies ist nur der eine Strang ihrer Studie: Zugleich widmet sie sich Keplers astronomischen Erkenntnissen, denen der Ruch der Häresie anhaftete, war Kepler doch Anhänger Galileis. Auch Kepler lebte gefährlich. Deutlich wird, dass damals keine strikte Trennung von (moderner) Wissenschaft und heute als „Aberglauben“ geltenden Denkweisen und Praktiken vorlag. Das lehrreiche und intelligente Buch ist sehr eingängig geschrieben und lädt dazu ein, sich mit diesen fernen und oftmals fremden Zeiten näher zu beschäftigen.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Ulinka Rublack
Der Astronom und die Hexe
Johannes Kepler und seine Zeit
Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2018, 409 Seiten, € 26,–