An Biographien zu Karl Marx anlässlich der 200. Wiederkehr seines Geburtstages ist kein Mangel. Unterschiedliche Akzente aber setzen sie. Wer sich intensiv damit befassen möchte, wie Marx zu seinen Theorien kam, und ihn vor allem als handelnde Person in seinem zeitgenössischen Umfeld verstehen möchte, der sollte zur sehr gut lesbaren Biographie von Gareth Stedman Jones greifen. Der Verfasser, Professor für Ideengeschichte an der University of London, betont zunächst die Differenz zwischen dem Denken des Philosophen Marx und dem Konstrukt „Marxismus“, auf das sich spätere kommunistische Regimes beriefen. Dann wendet er sich entschieden von der „Ikone Marx“ ab und schlägt den Weg zurück zur intellektuellen Entwicklung seines „Karls“ ein.
Beispielhaft gelingt es Stedman Jones, politische und soziale Konstellationen, persönliche Begegnungen und die Entwicklung des Marx’schen Gedankenkosmos miteinander zu verknüpfen, etwa bei der Verortung der jüdischen Familie Marx im preußisch gewordenen Rheinland, beim Herauskristallisieren der Ideen zur politischen Ökonomie oder bei der Schilderung des publizistischen und politischen Engagements seines hitzigen Protagonisten, den der Autor mit wohltuender Distanz zeichnet. So entsteht nicht nur eine höchst ansprechende Biographie, sondern ein überzeugendes Zeitpanorama.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Gareth Stedman Jones
Karl Marx
Die Biographie
Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2017, 890 Seiten, € 32,–