Auf einem bemalten Keramikgefäß, das auf die Zeit um 480/470 v.Chr. datiert wird und sich heute im Louvre befindet, ist eine Szene aus einer antiken Arztpraxis dargestellt: Sie zeigt einen Chirurgen, der mit einer Lanzette bei einem jungen Mann einen Aderlaß vornimmt. Im Hintergrund sieht man an der Wand mehrere Schröpfköpfe, Symbol des ärztlichen Standes im Altertum.
Bei Ausgrabungen stößt man nicht nur auf Schröpfköpfe, sondern auch auf andere Instrumente, die zu medizinischen Zwecken benutzt wurden. In einem 1924 in Bingen entdeckten Grab eines Arztes aus der Römerzeit fanden sich mehr als 60 Metallobjekte, darunter 13 Skalpelle und ein Instrument in Form eines Drillbohrers, das zur Schädelöffnung (Trepanation) diente.
Der Autor Ernst Künzl, ein ausgewiesener Archäologe, hat in seinem Buch „Medizin in der Antike“ eine Fülle von Fundbelegen gesammelt sowie Inschriften ausgewertet. Diese Zeugnisse einer vergangenen medikalen Kultur werden nicht nur nach Fundorten (zum Beispiel Gräber, Heiligtümer, Militärlager, Landgüter, Thermen) gegliedert; Künzl bringt zudem eine detaillierte Typologie der von Archäologen entdeckten Instrumente, die wie ein imaginärer antiker Verkaufskatalog aufgebaut ist. Außerdem erfahren wir am Beispiel der Ausgrabungen in Pompeji etwas über den Umfang der medizinischen Versorgung in einer antiken Stadt. Ein besonders spannendes Kapitel ist das über den florierenden Handel mit Fälschungen.
Rezension: Jütte, Robert